1603. Mias zauberhafte Backstube

Mias zauberhafte Backstube

Es regnete. Schon wieder so ein blödes Wetter. Schon seit Wochen hatte niemand mehr die Sonne am Himmel stehen sehen. Dabei hatte der Sommer mittlerweile begonnen.
Mia, die es sich in ihrem Kinderzimmer auf dem Bett gemütlich gemacht hatte, blätterte durch eines ihrer Bilderbücher und seufzte alle paar Sekunden.
»Mir ist so langweilig. Ich möchte endlich mal wieder nach draußen gehen können.«
Mia war in den letzten Wochen oft draußen gewesen. Aber irgendwann hatte sie keine Lust mehr gehabt, mit ihren Gummistiefeln in die Pfützen zu springen und die Autos nass zu spritzen.
»Ich will Sonne, ich will auf den Spielplatz.«
Sie legte ihr Buch zur Seite und starrte die Zimmerdecke über sich an. Vielleicht, mit ganz viel Konzentration und Fantasie, würde dort oben eine hell leuchtende Sonne auftauchen.
Es klappte natürlich nicht, denn der prasselnde Regen, der die ganze Zeit auf ihrem Fenster trommelte, lenkte sie ständig ab.
»Dann möchte ich wenigstens etwas backen.«
Mia stand auf, ging rüber zum Wohnzimmer. »Mama? Hast du Zeit? Können wir in der Küche etwas backen?«
Mama sah ihre kleine Tochter entschuldigend an und schüttelte den Kopf. Sie hatte gerade Besuch. »Ein wenig dauert das hier noch. Aber ich verspreche dir, dass wir heute auf jeden Fall noch backen werden.«
Das reichte Mia. Lieber etwas später als gar nicht. Vergnügt ging sie zurück ins Kinderzimmer. Doch dort kam die Langeweile viel zu schnell zurück. Sie überlegte. Es musste doch eine Möglichkeit geben, schon vorher etwas zu backen.
Sie sah sich verstohlen um, lauschte an der Tür. Mama war noch immer beschäftigt. Mia grinste. »Prinz, komm her. Ich hab da eine Idee.«
Der Kater, der gerade noch im Flur geschlafen hatte, blickte auf. Er streckte alle Viere von sich, machte einen Buckel und trottete langsam ins Kinderzimmer. Neugierig sah er das Mädchen an.
»Mama hat noch keine Zeit für uns. Sie hat Besuch. Was hältst du davon, wenn wir zwei in unsere zauberhafte Backstube gehen und …« Sie überlegte. Worauf hatte sie nur Appetit? »Ich weiß es. Wir backen Donuts.«
Prinz schien zu überlegen. Hatte er verstanden, worum es ging? Nach ein paar Sekunden nickte er schließlich. Er hob seinen Schwanz in die Höhe und bewegte ihn ein paar Mal im Kreis, als wäre er ein Zauberstab. Plötzlich glitzerte dieser in allen Farben des Regenbogens. Kleine Funken lösten sich von den Haarspitzen, formten einen kleinen Kreis, der langsam größer wurde. Es entstand ein Durchgang, der in eine Backstube führte.
»Los gehts!« Mia griff nach dem Kater und legte ihn sich über die Schulter. Gemeinsam traten sie durch den leuchtenden Ring.
Augenblicklich veränderte sich etwas. Prinz stand aufrecht und lief auf zwei Beinen. Für ihn schien es nun selbstverständlich zu sein, sich wie ein Mensch zu verhalten und er begann zu sprechen.
»Dort drüben im Regal findest du alle Zutaten, die wir brauchen. Bitte hole sie schon einmal her. Er griff nach einem dicken Backbuch, schlug die richtige Seite auf und las vor. »Wir benötigen Mehl, Milch, Hefe, Zucker, Butter, Eier und Salz.«
Währenddessen holte er selbst Schüsseln, Schneebesen, Rührlöffel und Backformen aus einem Schrank an der anderen Seite der Küche.
Unter lautem Lachen mischten sie gemeinsam dem Teig und veranstalteten dabei eine große Sauerei. Das Fell des Katers war irgendwann voll Mehl, in Mias Haar klebten Hefeklumpen. Dafür hatten die beiden aber riesigen Spaß.
Die Donuts warteten fertig in ihren Formen. Sie mussten nur noch gebacken werden.
»Den Ofen musst du jetzt einschalten. Ich darf das noch nicht machen.«, sagte Mia, während sie das erste Blech hineinschob.«
Gemeinsam setzten sie sich auf den Bode und sahen gespannt zu, wie der Donutteig aufging und schön braun wurde. Dabei wurden sie so groß, dass man sie als Schwimmreifen hätte benutzen können.
»Ich glaube, ich habe noch eine verrückte Idee.« Mia flüsterte Prinz ins Ohr. Der Kater nickte.
»Das klingt grandios. Ich bin mir sicher, dass du alles hinter der Tür dort finden wirst.«
Er bewegte erneut seinen Schwanz im Kreis. Wo eben noch eine bunte Wand zu finden war, erschien nun eine Tür. Mia wartete nicht lange ab, sondern öffnete sie. Im nächsten Raum befand sich ein großes Schwimmbecken, das bis zum Rand mit Milch gefüllt war.
»Das ist so perfekt. Vielen Dank Prinz.«
Gemeinsam holten sie die Donuts aus dem Ofen und ließen sie in das Becken gleiten. Der Teig war so fluffig gebacken, dass sie schwammen. Die beiden Bäcker stiegen in die Ringe und veranstalteten ein Wettrennen von der einen zur anderen Seite und wieder zurück. Auf dem Weg naschten sie natürlich immer wieder vom leckeren Gebäck.
»Was macht ihr denn da? Ich hoffe, ihr veranstaltet keinen Blödsinn.«
Die Tür öffnete sich. Mama kam herein. Sofort ließ der Kater seinen Schwanz kreisen. Die zauberhafte Backstube wich der Küche, die Donuts schrumpften zu winzigen Ringen, das Schwimmbecken zu einer Müslischüssel.
»Nein, das würden wir doch niemals machen, Mama. Du kennst uns doch. Wir essen nur eine Kleinigkeit.«
Mama nickte zufrieden. »Mein Besuch geht gleich nach Hause. Wir können in zehn Minuten mit dem Backen beginnen. Du kannst ja schon mal alles vorbereiten.«
Mia war begeistert. Gemeinsam backen war das Schönste überhaupt.

(c) 2024, Marco Wittler

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