303. Juhuu, wir sind da

Juhuu, wir sind da

Ganz klein war es. Es steckte tief im Dunklen und war in einen monatelangen Schlaf versunken. Viele schöne Träume geisterten durch seinen Kopf. Aber es wusste ganz genau, dass es da noch mehr geben musste. Eines Tages würde etwas ganz Besonderes geschehen. Dann würde es nicht mehr nur ein kleines Körnchen sein.
Eines Tages wurde es wärmer und das Körnchen erwachte. Es gähnte laut und lang.
»Huuuch. Was ist denn das? Ich bin erwacht. Dabei hätte ich doch so gern noch weiter geschlafen. Es war doch gerade so richtig gemütlich geworden.«
Es sah sich um. Doch in jeder Richtung war es dunkel. Man konnte nicht einmal eine Hand vor Augen sehen.
»He, warum ist es denn so dunkel? Kann denn nicht mal jemand das Licht einschalten?«
Aber es kümmerte sich niemand. Es blieb dunkel. Stattdessen war plötzlich ein vielstimmiges Gähnen zu hören. Da wurden noch mehr kleine Körnchen wach. Und schon war es mit der angenehmen Ruhe vorbei.
Nun fragten sie sich alle, wo sie sich befanden und was nun zu tun sei. Eine Antwort bekamen sie aber nicht.
»Wir sollten uns bewegen.«, schlug das kleine Körnchen vor.
»Wenn wir einfach so liegen bleiben, kommen wir doch nie im Form. Da wird uns etwas Sport gut tun.«
Und schon zappelte es hin und her, kam aber nicht recht vom Fleck. Außerdem gefiel es ihm nicht, dass es von oben immer wärmer wurde, unten aber kalt blieb.
»Ich will hier raus. Dort oben wird es mir ganz bestimmt besser gefallen. Ich wachse hier raus.«
Das Körnchen begann sich zu recken und zu strecken. Es wurde lang und länger. Es wuchs regelrecht durch die Dunkelheit nach oben, bis es schließlich aus seinem Schlafplatz ausbrach und zum ersten Mal in seinem Leben das Licht der Sonne erblickte.
»Ui, ist das schön hier. Und alles ist so herrlich warm. Leute, das müsst ihr euch unbedingt anschauen.«
Es dauerte gar nicht lange, bis auch die anderen hinterher kamen. Manche mussten sich erst die Augen reiben. Aber dann war der Jubel groß.
»Juhuu, wir sind da.«, riefen sie einem Menschen entgegen, der gerade an ihnen vorbei ging.
»Huch. Wer ruft denn da?«, fragte sich dieser, sah aber nichts anderes als die ersten frisch gewachsenen Blumenstengel des Frühlings, die lustig im Wind hin und her wehten.

(c) 2009, Marco Wittler

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