323. Die kleine Plüschrobbe

Die kleine Plüschrobbe

Im Kinderzimmer herrschte große Aufregung. Alle Kuscheltiere wurden nervös und begannen zu zittern.
»Sie sind wieder da.«, rief der kleine graue Elefant, der sich am Fenster postiert hatte.
Was war da nur los? Ich will es dir erklären.
In diesem Kinderzimmer lebte ein Mädchen namens Mia. Tag für Tag wuselte sie von einer Ecke in die nächste, machte große Unordnung und ärgerte ihre Kuscheltiere.
Da konnte es schon mal vorkommen, dass die grüne Schildkröte gegen die Wand flog oder der dicke Teddy über den Boden geschliffen wurde.
In den letzten drei Wochen war Mia mit ihren Eltern im Urlaub gewesen. Und genau jetzt, in diesem Moment kam die Familie wieder nach Hause.
»Oh je, oh je.«, jammerte ein kleiner Hund.
»Jetzt ist die Schonzeit vorbei. Gleich kommt sie herein gestürmt und dann werden wir wieder stundenlang gequält.«
Ein leises Wimmern war aus seinem Maul zu hören.
»Du hast es doch noch gut.«, quatschte der Elefant dazwischen.
»Mich packt sie immer am Rüssel und schleudert mich hin und her. So ein gemeines und fieses Kind habe ich noch nie erlebt. Nur zu gern würde ich mich in den Kindergarten schleichen und mich von einem anderen Kind adoptieren lassen. Es kann ja nur besser werden.«
Dieser Meinung waren sie alle, die sie dort in den Regalen saßen.
»Aber schaut sie euch doch mal an.«, warf plötzlich die kleine Robbe ein.
»Sie sieht so müde aus. Der Urlaub war bestimmt ereignisreich und die Rückfahrt unglaublich anstrengend. Ich bin mir sicher, dass sie niemandem von uns etwas antun wird. Sie will bestimmt nur kuscheln und einschlafen.«
Sofort schüttelten alle entsetzt die Köpfe.
»Das kommt auf keinen Fall in Frage.«, hieß es da.
»Ich gehe das Risiko nicht ein.«, war eine weitere zittrige Stimme zu hören.
»Das ist bestimmt nur ein Trick. Ich werd mir schon mal ein sicheres Versteck unter dem Schrank suchen.«, sagte der Fuchs.
»Tut sie euch denn gar nicht leid?«, sagte die Robbe traurig.
Doch auf diese Frage bekam sie keine Antwort.
Alle ihre Freunde drehten sich um und sahen weg.
Im Flur wurde ein Schlüssel ins Türschloss gesteckt und gedreht. Ein paar Stimmen waren zu hören.
»Sie sind drin. Gleich geht’s los.«, flüsterte der Elefant, der kurz davor stand, in Panik zu geraten.
Mia öffnete die Tür, kam in ihr Zimmer und ließ ihre kleine Tasche auf den Boden fallen. Sie sah sich um. Ihre Augen wanderten durch die Regale. Nach und nach betrachtete sie ein Kuscheltier nach dem anderen, bis ihr die kleine Robbe auffiel, die sich als einzige nicht abgewandt hatte.
Mia überlegte kurz, dann ging sie darauf zu, schnappte sich die Robbe und legte sich mit ihr auf das Bett.
»Ich bin ja sooo müde.«, stöhnte das Mädchen.
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie anstrengend Autofahren ist.«
Dann drückte sie ihr Kuscheltier sanft an sich und schlief fast sofort ein. Doch vorher murmelte sie noch ein paar kleine Worte.
»Lieb, dass du auf mich gewartet hast.«
Die kleine Robbe hätte vor Freude einen Luftsprung machen können. Aber davon wäre Mia bestimmt wieder wach geworden. Stattdessen warf sie einen Blick zu den Regalen und sah die vielen erstaunten Augen ihrer Freunde, die nun richtig neidisch waren und nur zu gern mitkuscheln würden.

(c) 2010, Marco Wittler

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