458. Das neue Buch

Das neue Buch

Papa saß an seinem Schreibtisch. Vor ihm stand sein Computer, den er in den letzten Stunden nicht einmal benutzt hatte, obwohl er eigentlich ein neues Buch schreiben wollte.
»Warum schreibst du denn nicht?«, fragte seine Tochter Merle, als sie zur Tür herein sah.
»Du bist doch Schriftsteller und die schreiben immer irgendwas.«
Papa seufzte, als er vom Monitor aufsah.
»Das ist ja das Problem. Mir fällt nichts ein. Ich habe seit Stunden nicht ein einziges Wort geschrieben.«
Er klappte den Computer zu, stand auf und wollte zur Küche gehen.
»Ich mache mir erstmal einen großen Kaffee. Vielleicht kann ich dann besser denken, wenn ich ihn trinke.«
In seinen Gedanken suchte er aber schon wieder nach einer neuen Idee, die er aufschreiben konnte. Das war auch der Grund, warum er nicht darauf achtete, was er tat. Er griff zur Klinke, öffnete die Tür und schlug sie sich gegen den Kopf.
»Au!«, rief er laut und rieb sich die schmerzende Stirn.
»Ich bin aber auch ein Tollpatsch. Ich sollte lieber besser aufpassen.«
Mit der Hand am Kopf ging er in den Flur und übersah das Skateboard seines Sohns Max, der es mal wieder mitten im Weg hatte liegen lassen.
»Aaah«, entfuhr es Papa, als er auf das Skateboard trat, es mit ihm losrollte und er unsanft auf dem Rücken landete.
»Verdammt. Warum muss das blöde Ding immer hier liegen? Ich hätte mir was brechen können.«
Stöhnend stand er wieder auf. Eine Hand hielt er weiter an der Stirn und spürte bereits die Beule, die gerade entstand. Mit der anderen Hand rieb er sich über den Rücken, der nun auch weh tat.
»Was ist das bloß für ein Tag?«, seufzte er.
»Ich hätte heute Morgen lieber im Bett bleiben sollen.«
Papa öffnete den Küchenschrank. Dabei fiel eine Tasse herunter, die er am Morgen nach dem Spülen nicht ordentlich eingeräumt hatte.
Rumms machte es, als sie ihn am Kopf traf.
»Au. Wenn das so weiter geht, habe ich bis zum Abend am ganzen Körper blaue Flecken und Beulen. So kann das doch nicht weitergehen.«
Er hob die Tasse auf, stellte sie unter die Kaffeemaschine und betätigte ein paar Knöpfe, bis das heiße Gebräu langsam aus einer Öffnung tröpfelte.
»Mh, riecht das gut. Der wird mir schmecken und mich auf neue Gedanken bringen.«
Papa freute sich schon auf den ersten Schluck. Und grübelte bereits wieder über die ersten Worte, die er für sein neues Buch schreiben wollte. Als er dann zur Tasse griff, bemerkte er nicht, dass die Kaffeemaschine noch gar nicht fertig war. Der Kaffee lief ihm über die Hand.
»Uuh, ist das heiß.«
Vor Schreck zog er schnell die Hand zurück, riss dabei die Tasse um und spritzte sich am ganzen Körper mit Kaffee voll.
»Au, au, au! Heiß, heiß, heiß.«
Verzweifelt setzte sich Papa auf den Boden und vergrub seinen Kopf in den Händen.
»Das ist einfach nicht mein Tag. Ich leg mich lieber wieder ins Bett, bevor noch mehr passiert.«
Mittlerweile hatte Merle den Krach bemerkt, der aus der Küche kam und sah vorsichtig nach.
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragte sie besorgt.
»Ach, ich weiß auch nicht. Heute geht einfach alles schief. Ich bin ein richtiger Tollpatsch. Das wird heute nichts mehr mit dem Buch.«
»Hm.«, machte Merle nachdenklich.
»Dann schreib doch darüber.«
»Worüber?«, wurde Papa neugierig.
»Schreib ein Buch über den größten Tollpatsch der Welt.«
Papa konnte auf einmal wieder Lächeln.
»Hey, das ist gar nicht schlecht. Deine Idee gefällt mir.«
Sofort lief er ins Schlafzimmer, zog sich saubere Klamotten an und setzte sich dann wieder an seinen Computer. Er klappte den Monitor auf und tippte die ersten Worte ein:

Der größte Tollpatsch der Welt

(c) 2013, Marco Wittler

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