490. Wo ist der Schnee?

Wo ist der Schnee?

Es war Winter, aber es wollte einfach nicht schneien. Der Blick aus dem Fenster zeigte tagtäglich das gleiche Bild: graue Wolken, dicke Regentropfen und matschige Wiesen. Keine Chance für Schlitten und Schneemänner. Die Kinder hatten große Langeweile und enttäuschte Augen.
»So kann das einfach nicht weiter gehen.« entschloss Malte irgendwann. »Dagegen müssen wir etwas unternehmen.«
Er nahm Papa an die Hand und zog ihn mit sich nach draußen.
»Wir steigen jetzt ins Auto und suchen Schnee und Winter. Wenn wir sie gefunden haben, bringen wir sie hierher.«
Papa seufzte. Das hörte sich nach einer ganz verrückten Idee an, die auf keinen Fall funktionieren konnte. Aber er wusste auch, dass sich sein Sohn von seinen Ideen nie abbringen ließ.
Sie stiegen ein und fuhren in irgendeine Richtung los.
»Du weißt doch gar nicht, wo der Winter ist. Wie willst du ihn denn finden?«
Doch auch dafür hatte Malte schon eine Lösung. Er schaltete das Radio ein und suchte durch alle Sender, bis er einen Wetterbericht fand.
»Auch für die nächsten Tage ist kein Schnee in Sicht. Der Winter lässt weiter auf sich warten.« erklärte der Sprecher mit enttäuschter Stimme.
»Nur in den höchsten Höhenlagen könnte die eine oder andere Flocke fallen. Aber auch das ist eher unwahrscheinlich.«
Malte grinste. »Das ist die Lösung. Wir müssen hoch. Nach oben. Wo ist der höchste Berg in unserer Nähe?«
Papa zuckte mit den Schultern. »Schau auf die Karte.«
Und genau das tat Malte dann auch. Er fand im Sauerland den Kahlen Asten. »Komischer Name für einen Berg. Der ist bei Winterberg. Es gibt zwar noch einen höheren Berg, aber Langeberg klingt nicht so cool. Fahren wir da hin?«
Papa blieb wohl nichts anderes übrig. Er programmierte die Strecke in das Navigationsgerät und fuhr los.

Nach fast zwei Stunden Fahrt waren sie da. Aber auch auf dem Gipfel war kein Schnee zu sehen.
»Das darf doch nicht wahr sein.« fluchte Malte. »Ich dachte, dass wir wenigstens hier Glück haben.«
In diesem Moment hörte er leise Jubelgeräusche. »Hui. Macht das Spaß.«
»Was ist das?« wunderte sich Malte und begann zu suchen. Nach ein paar Minuten fand er einen Höhleneingang. Im Innern lag Schnee. Ganz viel Schnee sogar. Mindestens drei Meter dick lag er auf dem Höhlenboden. Und auf ihm fuhren Schneemänner mit ihren Schlitten einen kleinen Hang hinunter.
»Das glaub ich nicht.« beschwerte sich Malte. »Hier hat sich der Winter also versteckt. Kein Wunder, dass es bei uns nicht schneit.«
Aber dann verflog sein Ärger sofort wieder. Er schnappte sich einen Schlitten und schloss sich den Schneemännern freudig an.
Für die nächsten Tage versprachen sie ihn, es auch bei ihm Zuhause schneien zu lassen, damit die Kinder des restlichen Landes auch etwas Spaß bekommen würden.

(c) 2015, Marco Wittler

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