508. Papa macht Nudeln

Papa macht Nudeln

Es war Mittag, als Papa das Auto vor dem Haus einparkte. Er stieg aus, öffnete eine der hinteren Türen und ließ seinen Sohn Max aus dem Kindersitz hüpfen.
»Und der Paul ist heute im Sandkasten ausgerutscht. Da hatte er den ganzen Mund voll Sand. Der konnte gar nicht mehr sprechen.« berichtete Max lachend aus dem Kindergarten.
Gemeinsam gingen sie ins Haus und wunderten sich, dass sie nicht vom Mama zur Begrüßung in den Arm genommen wurden.
»Mama, wo bist du?« rief Max, aber er bekam keine Antwort.
Sie gingen in die Küche. Auch dort war niemand zu sehen. Stattdessen fand Papa einen Zettel auf dem Tisch.
»Meine lieben Männer.« las er laut vor. »Ich musste ganz schnell zu Tante Klara fahren. Sie ist krank geworden und muss zum Arzt. Deswegen helfe ich ihr als Babysitter, damit die kleine Mia nicht allein ist. Aber ich werde heute Abend wieder bei euch sein. Das Mittagessen müsst ihr euch selbst machen. Ich bin mir aber sicher, dass ihr das schafft.  Eier und Käse sind im Kühlschrank, die Spaghetti liegen neben dem Herd. Liebe Grüße, eure Mama.«
Papa kratzte sich am Kopf. »Uff. Selber Kochen? Ich habe noch nie gekocht. Ich kann mir nur Brote schmieren.«
»Deswegen meckert Mama auch immer, weil du das von Oma nicht gelernt hast.« meckerte Max. »Dabei ist das doch ganz einfach.«
»Wirklich? Das soll ganz einfach sein?« fragte Papa unsicher.
»Ich habe bei Mama schon oft genug zugesehen. Ich werde dir alles genau erklären.«
Papa öffnete die Verpackung der Spaghetti und holte sie heraus.
»Was machen wir jetzt damit?«
Max seufzte. »Mama brät sie immer in der Pfanne, macht Eier und Käse drüber und wenn es lecker riecht, sind sie fertig.«
Papa bekam Falten auf der Stirn. »Die werden wirklich gebraten?«
Max nickte, holte die große Pfanne aus dem Schrank und stellte sie auf den Herd.
»Los geht’s. Du schaffst das schon.«
Also drehte Papa an einem der Schalter und legte die Spaghetti in die Pfanne. Er holte Eier und Käse und gab sie dazu. Immer wieder rührte er mit einem Holzstab durch die Zutaten.
»Komisch. Irgendwie funktioniert das nicht. Die Nudeln werden gar nicht weich.«
Stattdessen schob er die langen Spaghetti immer wieder über den Pfannenrand, obwohl er sich ganz viel Mühe gab. Es sah nicht nach Mittagessen aus. Irgendwann stieg ihnen ein seltsamer Geruch in die Nase.
»Es brennt an!« rief Max. »Du machst etwas falsch.«
Das fiel Papa jetzt auch auf. Er drehte den Herd ab, warf die Pfanne in die Spüle und ließ Wasser darüber laufen. Dann seufzte er laut.
»Ich bin wirklich nicht zum Kochen geboren.«
Er hockte sich vor seinen Sohn und sah ihm in die Augen. »Pommesbude?«
»Pommesbude!« antwortete Max.

Am Abend kam Mama nach Hause. Sie wurde sehr herzlich von ihrem großen und ihrem kleinen Mann begrüßt.
»Na, haben euch eure ersten eigenen Nudeln geschmeckt?« fragte sie.
»Na ja.« wich Papa ihrer Frage aus. »Wenn du sie machst, schmecken sie immer besonders gut.«
»Ich hoffe, ihr habt mir noch etwas übrig gelassen.« freute sie Mama bereits und ging in die Küche, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Was ist denn das?« rief sie entsetzt. Sie hatte wohl die Pfanne mit dem angebrannten Essen gefunden.
»Papa wusste nicht, wie man kocht.« erklärte Max. »Ich hab ihm erklärt, wie es geht, aber irgendwas ist falsch gelaufen.«
Mama musste lachen. »Ihr Spaßvögel habt vergessen, die Nudeln zu kochen. Ihr könnt sie doch nicht roh anbraten. Das klappt nicht.«
Sie holte die beiden in die Küche.
»Machst du uns jetzt wieder Nudeln?« fragte Papa.
»Nein.« antwortete Mama. »Ich werde mich jetzt hier auf diesen Stuhl setzen und zuschauen, wie ihr meine Küche wieder sauber macht. Danach erkläre ich euch, wie man Spaghetti kocht, damit ich heute Abend noch etwas zu Essen bekomme. Irgendwann müsst ihr das ja mal lernen.«
Und so standen Papa und Max wieder am Herd und kochten ihr erstes eigenes Essen.

(c) 2015, Marco Wittler

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