515. Mit dem Auto nach England

Mit dem Auto nach England

Nils hatte auf seinem Kindersitz Platz genommen und war richtig aufgeregt. Es sollte sein erster Urlaub in einem anderen Land werden.
»Und die sprechen da alle Englisch?« fragte er Mama, während sie den Sicherheitsgurt kontrollierte und dann selbst einstieg.
»Ja, das ist richtig. Alle Menschen sprechen dort Englisch.«
»Das ist ja richtig cool.« sagte Nils. »Lernen die das auch schon so früh in der Schule? Vielleicht verstehen die mich ja ein wenig. One, two, three, … weiter weiß ich nicht mehr. Englisch ist ganz schön schwer.«
Nils seufzte. »Und die Engländer sprechen wirklich die ganze Zeit Englisch? Wäre es nicht einfacher, wenn sie Deutsch sprechen würden? Dann müssten sie nicht ständig alles übersetzen.«
Ein paar Minuten später fuhr Papa auf die Autobahn und gab Gas.
»In spätestens zwei Stunden sind wir in den Niederlanden.«
»Niederlande?« fragte Nils erstaunt. »Und was ist mit England? Machen wir jetzt einen anderen Urlaub?«
Papa lachte. »Nein. Aber unser Weg führt uns durch mehrere Länder. Zuerst die Niederlande, dann Belgien und schließlich Frankreich. Dort geht es dann mit dem Auto in den Zug, mit dem es durch einen langen Tunnel unter dem Meer durch geht. Dann erst sind wir in England.«
»Puh!« machte Nils. »Das wird aber eine lange Reise. Hoffentlich halte ich das durch.«
Aber ein paar Minuten nach Sonnenuntergang war er bereits eingeschlafen. Während der Nacht steuerte Papa das Auto sicher durch die verschiedenen Länder und kam dem Ziel immer näher.
Nach ein paar Stunden erreichten sie die Stadt Calais an der französischen Küste. Papa parkte den Wagen in einem der Zugwaggons und schaltete den Motor ab.
So große Waggons hatte Nils noch nie gesehen. Und nun sah er sie auch nicht, denn er schlief tief und fest und bekam nichts mit. Er wachte erst auf, als die Familie schon längst auf englischen Straßen unterwegs war.
Nils gähnte laut, rieb sich die Augen und setzte sich gerade hin. Dann sah er nach draußen, bekam große Augen und erschrak.
»Papa!« schrie er. »Du fährst auf der falschen Straßenseite.«
Tatsächlich befanden sie sich auf der linken Seite.
»Papa grinste als er antwortete. »Das ist schon okay. Mach dir keine Sorgen. In England fahren alle Autos auf der linken Straßenseite.«
Nils schüttelte den Kopf. »Die Engländer sind verrückt. Sie sprechen die ganze Zeit Englisch, obwohl deutsch doch viel einfacher ist und dann fahren sie auch noch auf der falschen Seite. Ich will gar nicht wissen, was hier noch alles verkehrt ist. Bestimmt trinken sie morgens sogar Tee mit Milch statt Kaffee.«
Dann lachte er, weil er sich so etwas Verrücktes nicht vorstellen konnte.

(c) 2015, Marco Wittler

2 Kommentare

  1. Herrlich, ich habe geschmunzelt und mich an meinen kleinen Bruder erinnert gefühlt. Der hat gerne mal gefragt, wenn wir in eine andere deutsche Stadt gefahrensind, ob man da mit deutschem Geld bezahlen kann. 😉

    Liebe Grüße, Nina

    • Ich fand meinen ersten Besuch in England als 10jähriger auch sehr spannend. Alles war so neu und anders. Die Idee zu der Geschichte hab ich ein ganzes Jahr lang mit mir rumgeschleppt, bis ich die richtigen Worte gefunden habe.
      Unser Bengel fragt auch oft nach, ob man in anderen Städten auch mit Euro bezahlen kann. 😉

      Lieben Gruß,
      der Marco

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