169. Lärm

Lärm

»Macht nicht so viel Lärm und verschwindet aus dem Innenhof. Das ist kein Spielplatz hier.«
Der alte Herr Neumann lehnte sich weit aus seinem Fenster heraus und schimpfte so laut er konnte.
Jeden Tag war es das Gleiche. Wenn er Mittags aus der Stadt kam, spielten die Kinder der umliegenden Häuser direkt vor seiner Küche.
»Das geht so nicht mehr. Wenn ich euch noch ein einziges Mal erwische, rufe ich die Polizei.«
Traurig zogen die Kinder durch das große Tor zur Straße hinaus. Dort mussten sie auf dem Gehsteig zwischen Hauswand und parkenden Autos spielen. Auf der Straße selber wäre es wegen dem Verkehr zu gefährlich gewesen. Und trotzdem rollte hin und wieder ein Ball auf die Fahrbahn und brachte die Bremsen der Autos zum quietschen.
»Das ist so unglaublich gemein. Nirgendwo können wir in Ruhe spielen.«, beschwerten sich die Kinder immer wieder bei ihren Eltern.
Der Innenhof war verboten, die Straßen zu gefährlich und einen Spielplatz gab es auch nicht. Es war einfach zum Verzweifeln. Also warteten sie weiterhin jeden Tag darauf, von  den Nachbarn vertrieben zu werden.
Eines Tages kam Herr Neumann wieder aus der Stadt. Er stieg aus dem Bus und öffnete die Eingangstür zum Treppenhaus, als er plötzlich laute Musik hörte.
»Diese verdammten Kinder. Jetzt reicht es mir aber. Ich habe sie oft genug gewarnt. Aber das geht entschieden zu weit.«
Sofort lief er zur Straßenecke, und rief von der Telefonzelle die Polizei an.
»Ruhestörung ist das. In der Mittagszeit darf niemand laute Musik einschalten. Das ist strafbar. Kommen sie sofort her und unternehmen sie was.«, brüllte er in den Hörer.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis ein Streifenwagen vor dem Haus hielt. Die beiden Wachtmeister stiegen aus und wurden sofort von Herrn Neumann bestürmt.
»Die Kinder sind im Innenhof. Dort spielen sie jeden Tag und machen Lärm.«
Gemeinsam gingen sie durch das Tor und sahen sich um. Die Musik schallte durch den Innenhof. Kinder waren allerdings keine zu sehen.
»Das ist seltsam.«, murmelte einer der Polizisten, als er sich umsah.
»Hier sind gar keine Kinder. Die Musik scheint aus einem der Fenster zu schallen.«
Langsam ging er im Kreis, bis er fand, wonach er suchte.
»Dort in der Küche steht ein Radio.«
Plötzlich wurde Herr Neumann rot im Gesicht.
»Was? Das kann doch nicht sein.«
Er sah in seine eigene Küche hinein und entdeckte sein Radio. Er hatte vergessen, es nach dem Frühstück abzuschalten. Nun war er es, der die ganze Nachbarschaft störte.
In diesem Moment kamen ein paar Kinder durch das Tor.
»Wo kommt ihr denn her?«, fragten die Polizisten.
»Wir haben draußen auf den Gehwegen gespielt. Hier war es uns viel zu laut.«
Nun mussten alle lachen. Sogar Herr Neumann konnte ein leichtes Grinsen nicht mehr verstecken.

(c) 2009, Marco Wittler

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