687. Der Weltraum

Der Weltraum

Während Mama und Papa allein in den Urlaub geflogen waren, hatte Malte die Sommerferien bei Opa verbracht. Das war eh viel cooler. Opa unternahm viel mehr mit ihm und hatte immer ganz verrückte Ideen, während Mama und Papa immer nur am Strand in der Sonne brutzeln wollten.
Damals hatte Opa nach vielen Jahren seine Garage entrümpelt und für etwas Neues Platz geschaffen.
»Das wird meine neue Werkstatt.«, hatte er erklärt. »Ich werde hier drin etwas Großes bauen, etwas dass dich richtig überraschen wird.«
Der Rest war ein Geheimnis geblieben. Mehr hatte Opa nicht verraten wollen.
Seitdem waren einige Monate ins Land gegangen. Auf den Sommer war der Herbst, auf den Herbst der Winter gefolgt. Weihnachten und Silvester waren gerade vorbei. Das neue Jahr hatte begonnen.
Die wenigen freien Tage, bevor die Schule wieder losgehen würde, verbrachte Malte nun wieder bei Opa. Und der hatte seinen Enkel mit einem breiten Grinsen empfangen.
»Meine Überraschung ist endlich fertig.«, hatte er verschwörerisch gesagt. »Wir werden noch heute Abend eine weite Reise antreten.«
Eine weite Reise? Malte war gespannt wie ein Flitzebogen. »Dann zeig mir schnell, was du gebaut hast. Ich halte es kaum noch aus.«, bettelte er immer wieder.
Gemeinsam gingen sie in die Garage. Darin stand ein kleines, bunt bemaltes Raumschiff.
»Ein Raumschiff?«, fragte Malte. »Ehrlich? Wie cool ist das denn? Mensch Opa, du bist der Größte.«
»Und damit fliegen wir jetzt in den weiten, unendlichen Weltraum.«
Opa öffnete eine Tür. Sie stiegen ein und nahmen auf zwei gemütlichen Sitzen Platz. Während Opa den Antrieb startete, bekam er einen verträumten Blick.
»Weißt du, ich habe schon als kleiner Junge davon geträumt, einmal zwischen den Sternen umher zu fliegen, die Schwerelosigkeit zu spüren und die Einsamkeit des Alls zu erleben. Jetzt ist es endlich so weit.«
Unter lautem Dröhnen und Brummen hob das Raumschiff langsam ab, wurde dann schneller und raste schließlich den dunklen Abendhimmel entgegen.
»Hier oben, wo sich sonst niemand anderer herumtreibt, kann man endlich seinen Gedanken freien Lauf haben und die Aussicht auf Erde, Mond, Sonne und die anderen Planeten genießen.«
Malte und Opa lehnten sich gemütlich zurück und sahen gebannt durch die Glasscheibe nach draußen.
Doch dieser Moment währte nur kurz, denn wenige Sekunden später ertönte eine laute Hupe hinter ihnen.
»Was war denn das?«, fragte Malte ungläubig.
»Ich glaube, ich mache mal das Funkgerät an.«, entschied Opa und hörte sogleich eine verärgerte Stimme aus dem Lautsprecher vor sich.
»Verdammt!«, brüllte jemand. »Verschwindet mit eurer Schrottmühle aus der Flugbahn. Ihr halten den ganzen Verkehr auf.«
Schon wurden sie von einer ganzen Reihe Raumschiffe überholt.
Kurz darauf kam etwas von rechts, dann von links. Ein weiteres Raumschiff kam von oben und noch eines von unten. Es bildeten sich in allen Richtungen Staus, in deren Mittelpunkt sich Opas Raumschiff befand.
»Du meine Güte, was ist denn hier los?«, wunderte sich Opa. »Ich dachte immer, der Weltraum wäre einsam und leer. So etwas habe ich nun wirklich nicht erwartet.«
Plötzlich klopfte es an der Tür. Verwundert stand Opa von seinem Sitz auf und öffnete sie. Vor sich sah er einen Außerirdischen mit grüner Haut und blauen Haaren, der ziemlich genervt aussah.
»Weltraumpolizei. Darf ich erfahren, warum sie hier eine der wichtigsten Verkehrskreuzungen der westlichen Milchstraße blockieren? Das gibt einen saftigen Strafzettel.«
Schon begann der Polizist etwas auf einem Block zu schreiben.
Opa seufzte. »Das ist ja schlimmer, als auf der Hauptstraße bei uns zu Hause.«
Er drehte sie zu Malte um. »Ich glaube, wir fliegen lieber wieder nach Hause. Auf meiner Veranda ist es wirklich schön einsam und ruhig. Dazu müssen wir nicht in den Weltraum fliegen.«
Malte nickte nur. Dann nahm Opa seinen Strafzettel entgegen und steuerte wieder seine Garage an.

(c) 2019, Marco Wittler

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