Der Frühling naht
Nach einem langen und harten Winter, riss zum ersten Mal die dicke, graue Wolkendecke am Himmel auf. Ein erster Sonnenstrahl stach durch sie hindurch und brachte den hoch gefallenen Schnee schnell zum schmelzen. Mit der Sonne kam die lang ersehnte Wärme und damit auch die ersten Blüten an Bäumen, Sträuchern und Blumen.
An diesem Tag saß die kleine Hummel an Eingang ihrer Erdhöhle und sah sich misstrauisch um. Sie war sich nicht sicher, ob sie dem Wetterumschwung trauen durfte oder ob es nicht im nächsten Augenblick erneut dicke Flocken schneien konnte. Sie hatte das in den letzten Jahren schon ein paar Mal erlebt und sich ihren felligen Po unterkühlt.
Doch dieses Mal schien alles in Ordnung zu sein. Die Sonne wärmte der Hummel ihre Wangen und lud zu einem Ausflug ein. Sie wischte sich noch einmal mit einem feuchten Lappen über die verstaubten und viel zu lange nicht genutzten Flügel. Mit einem lauten Brummen hob sie ab, um die aufgetaute Wiese der Umgebung zu erkunden.
Sie bekam schnell das Gefühl, zu früh aufgebrochen zu sein, denn bis auf die vielen kurzen Grashalme war hier nichts zu sehen. Sie wollte gerade ihren Rundflug beenden, da entdeckte sie eine weiße Fläche, die sie beinahe mit einem Rest Schnee verwechselt hätte. Doch zum Glück waren ihr darin die vielen kleinen, gelben Flecken aufgefallen.
»Gänseblümchen!«, rief sie begeistert. Mit einem Mal schlugen ihre Flügel um ein paar Takte schneller. Im Sturzflug raste die kleine Hummel auf das Blütenmeer zu. Wenige Zentimeter davor drehte sie sich einmal um sich selbst und krachte mit dem Po in ein Gänseblümchen. »Arschbombe!«
Das laute und glückliche Lachen der kleinen Hummel war über der ganzen Wiese zu hören, während die Pollen meterweit in alle Richtungen davon flogen.
»Jetzt kann ich endlich wieder meine Nektarvorräte auffüllen. Darauf freue ich mich schon seit Wochen.«
Sie strich sich über ihren dicken Bauch, bei dem sie nun keine Angst mehr haben musste, dass er kleiner werden könnte.
(c) 2022, Marco Wittler
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