1649. Froggy McMuscle in den Fängen der Finsternis

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Bitte lies meine Geschichten einmal selbst, bevor du sie deinen Kindern vorliest. Sie sind zu Halloween etwas gruseliger, auch wenn sie lustig enden. Bitte bewerte vorher, ob dein Kind die Geschichten bereits versteht, damit umgehen kann und sich nicht zu sehr gruselt.

Froggy McMuscle in den Fängen der Finsternis

Die Sonne war bereits untergegangen. Nur vereinzelt war das Licht der Sterne und des Vollmonds auszumachen, das sie die meiste Zeit von einer dichten Wolkendecke versteckt wurden. Kalter Wind fegte in Böen durch die Straßen. Immer wieder füllte feiner Nieselregen die Atmosphäre. Bei diesem Wetter hätte man nicht einmal einen Hund vor die Tür gescheucht. Und trotzdem fühlte sich der Mann hinter dem riesigen, alten Holzschreibtisch unwohl in seiner Haut, während er versuchte, sich auf einen Stapel Unterlagen z konzentrieren.
Irgendwann legte er seinen Stift ab, drückte auf einem Knopf seiner Sprechanlage und rief nach seiner Assistentin. „Bringen sie mir bitte einen extra starken Kaffee. Keine Milch, keinen Zucker, einfach nur schwarz, so schwarz wie der Stoff meines Mantels, als er noch neu und nicht so verwaschen war.“
Ein paar Minuten später klopfte es. „Kommen sie rein, Mary.“ Die Assistentin öffnete die Tür, betrat das Büro und stellte einen großen Pott mit dem dampfenden Gebräu ab. Normalerweise hielt sie sich nicht länger als nötig hier auf. Dieses Mal blieb sie allerdings stehen.
„Stimmt etwas nicht?“ Er blickte sie fragend an.
„Ich bin mir nicht ganz sicher, Mr. President. Ich habe ein ungutes Gefühl im Magen. Mein Bauch hat mich eigentlich noch nie im Stich gelassen. Ich glaube, dass heute Nacht noch irgendwas schreckliches Geschehen wird.“
Er blickte sie wortlos für eine Ewigkeit an. Schließlich nickte der Präsident. „Ich weiß genau, was sie meinen. Ich kann mich auch nicht auf meine Arbeit konzentrieren. Es ist, als hinge eine dunkle, nicht fassbare Bedrohung über unserem Land. Wenn ich nur wüsste, was es ist. Gibt es irgendwelche Meldungen von unseren Geheimdiensten oder aus dem Verteidigungsministerium?“
Mary schüttelte den Kopf. „Da ist gar nichts. Es scheint, als würde die Welt um uns herum friedlich schlafen. Es ist einfach nur ein Gefühl.“
Der Präsident erhob sich von seinem Schreibtisch, kam ein paar Schritte auf sie zu und nahm seine Assistentin an die Hand. „Dann nehmen wir das eben selbst in die Hand und sehen nach.“
Sie gingen zum Fenster, warfen einen suchenden Blick auf die Straße, die sich in einiger Entfernung zum Gebäude hinter einem hohen Zaun befand. Anders als erwartet, waren sie nicht leer und verlassen. sie waren bevölkert. Dort waren mehr Personen unterwegs, als an einem schönen, sonnigen Tag.
„Nein.“, sagte der Präsident ruhig. Nur Menschen, die ihm wirklich nahe standen, konnten die Anspannung in seiner Stimme hören. „Das sind keine Personen.“ Er lief zurück zum Schreibtisch, holte ein Fernglas aus einer der Schubladen und schaute dieses Mal genauer hin. „Ich habe es befürchtet. Die Unterwelt hat sich geöffnet und flutet die Straßen mit den Geschöpfen der Finsternis. Sie sind dabei uns zu umzingeln.“
Mary begann zu zittern. „Was können wir dagegen machen?“
Die sonst so gewohnte Freundlichkeit wich aus dem Gesicht des Präsidenten, machte Platz für einen entschlossenen, grimmigen Blick. „Wir können gegen diese Übermacht gar nichts mehr tun. Uns kann jetzt nur noch ein Superheld helfen.“
Die Assistentin sah ihn fragend an. „Ein Superheld? Sie meinen jemanden wie Batman, Spiderman oder Chuck Norris?“
Der Präsident schüttelte den Kopf und schnaubte verächtlich. Das sind doch nur billige Comic- und Leinwandhelden. Nein, nein. Was wir brauchen, ist ein echter Held, einer mit kräftigen Muckis in den Armen. Wir brauchen Froggy McMuscle.“
Er griff in seine Hosentasche, holte ein rotes Handy hervor und wählte die ihm wohl bekannte Nummer. Dies tat er nur äußerst ungern, wenn die Sicherheit der gesamten Welt in Gefahr war.

Zur selben Zeit hatt es sich Monsieur Grenouille im Kaminzimmer seines weitab jeglicher Zivilisation liegenden Landsitzes im Abendmantel gemütlich gemacht und die langen Froschbeine ausgestreckt. Während die Holzscheite leise knackten und das Feuer eine wohlige Wärme ausstrahlte, genoss Grenouille die Aussicht auf den See, in dem sich der Sternenhimmel spiegelte.
Es klopfte. Sein Assistent Auguste Cigogne, ein hochgewachsener Storch in Frack und Fliege, kam mit einem Silbertablett herein, auf dem sich ein rotes Telefon befand.
Monsieur Grenouille seufzte. „Auguste, ich habe es mir gerade erst mit einem leckeren Fliegentee gemütlich gemacht. Du weißt doch, dass ich dann nur im äußersten Notfall gestört werden möchte.“
Auguste nickte verständnisvoll, reichte seinem Herrn trotzdem das Telefon an. „Es ist der Präsident. Es handelt sich um einen Notfall von weltweiter Tragweite.“
Grenouille nahm das Gespräch an, hörte stumm zu und nickte irgendwann. „Ich bin schon auf dem Weg, Mr. President.“ Er wandte sich seinem Assistenten zu. „Auguste, bereite unseren Düsenflieger vor. Wir müssen die Welt retten.“
Es verging keine Minute, da standen zwei völlig andere Persönlichkeiten im Hangar des Landsitzes. Ein muskelbepackter Frosch in einem Smoking und ein Storch mit Fliegerbrille stiegen in ein Fluggerät, dass auch von einem anderem Planeten hätte stammen können. Froggy McMuscle, wie sich Monsieur Grenouille in seiner anderen Identität nannte, ließ sich von seinem Sidekick in die Hauptstadt fliegen. Ein normaler Linienflug hätte ein paar Stunden gebraucht. McMuscle schaffte die Strecke in weniger als dreißig Minuten. Sie landeten auf der Wiese, die direkt vor dem Büro des Präsidenten lag und betraten das Gebäude durch eines der Fenster.
„Wir sind so schnell gekommen, wie es uns möglich war. Was ist passiert? Wie können wir helfen?“ Froggy McMuscle legte sein Jackett ab und ließ seine atemberaubenden Muskeln spielen.
„Es ist mir sehr unangenehm.“, antwortete der Präsident. „Sie wissen, dass ich nur im äußersten Notfall anrufe, wenn keine Diplomatie mehr funktioniert.“ Er zeigte aus dem Fenster. „Dort drüben auf der Straße versammeln sie sich. Die Geschöpfe aus der Unterwelt haben meinen Amtssitz umzingelt. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen.“
Froggy McMuscle setzte seine Multifunktionsbrille auf, zoomte die Gruppe, die sich auf der anderen Seite des Zauns versammelt hatte, heran und seufzte. „Ist das wirklich ihr Ernst? Dafür haben sie mich gerufen?“
Der Präsident zuckte mit den Schultern, grinste schief und verlegen. „Ich kann halt nicht so gut mit Kindern umgehen. Dafür bin ich mir aber sicher, dass sie das besonders gut können. Dafür sind Superhelden doch gemacht.“
Der Frosch nahm seine Brille ab, griff zum Eimer, der mit leckerstem Zuckerwerk gefüllt war und hüpfte zum Tor.
“Süßes, sonst gibt‘s Saures.“, riefen die Kinder begeistert.
“Ihr habt ja tolle Halloweenkostüme an.“ Froggy McMuscle trat in die Mitte der Menge, schüttelte Hände, lobte den großen Einfallsreichtum und verteilte Schokoladen, Weingummi und mehr, bis der Eimer geleert war.

(c) 2024, Marco Wittler

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