1315. Flaschenpostbote Knut ist nicht zu finden

Flaschenpostbote Knut ist nicht zu finden

Es war der große Tag der Inspektion. Aus dem Hauptquartier der interozeanischen Flaschenpost hatte sich der super wichtige Hauptinspektor angemeldet. Jedes Mal, wenn er kam, nahm er das kleine Flaschenpostamt der Stadt unter dem Meer komplett auseinander. Er war so pingelig, dass er jedes noch so kleine Staubkorn sah und als groben Fehler in seiner Liste aufführte. Und das waren nicht die einzigen Dinge, auf die er achtete.
Der Flachenpostbote Knut hatte in seiner langen Dienstzeit den Hauptinspektor schon oft erleben müssen und wusste, dass es kein guter Tag werden würde. Aus diesem Grund verließ er schon sehr früh am Morgen sein Büro und war seitdem nicht mehr gesehen worden.
»Wo befindet sich eigentlich dieser Flaschenpostbote Knut, wenn man ihn mal braucht?«, beschwerte sich der Inspektor bei seinem Assistenten. »Wie soll ich eine gründliche Inspektion des Flaschenpostamts durchführen, wenn der Flaschenpostbote nicht da ist? Ich könnte vor Wut aus meinen Schuppen fahren. So kann ich auf keinen Fall beginnen.«
Der Meermann schwamm ins Freie und sah sich mit grimmiger Miene um. Knut war nicht auf den Straßen zu sehen und im umliegenden Garten konnte man ihn auch nicht finden. »Dann werden wir hier eben warten, bis er auftaucht, selbst wenn es bis Morgen dauern wird.« Er setzte sich auf eine große Muschelschale und verschränkte die Arme vor der Brust.
Plötzlich hörte er eine dumpfe Stimme unter sich. »Bitte stehen Sie auf. Ich bekomme keine Luft mehr.« Erschrocken fuhr der Hauptinspektor hoch und riss die Muschelschalen auseinander. Vor im lag ein alter Meermann. »Flaschenpostbote Knut. Das hätte ich mir ja denken können. Kommen sie da raus. Wir haben eine Inspektion durchzuführen.«
Knut seufzte. Er musste die Sache auch in diesem Jahr wieder über sich ergehen lassen.

(c) 2022, Marco Wittler

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