1647. Die Zeit der Knochenbrecher

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Bitte lies meine Geschichten einmal selbst, bevor du sie deinen Kindern vorliest. Sie sind zu Halloween etwas gruseliger, auch wenn sie lustig enden. Bitte bewerte vorher, ob dein Kind die Geschichten bereits versteht, damit umgehen kann und sich nicht zu sehr gruselt.

Die Zeit der Knochenbrecher

Draußen war es still, zu still. Normalerweise hörte man das leise Zirpen einer Grille oder wenigstens in der Ferne das Rauschen der Fahrzeuge auf den Straßen. Doch in dieser Nacht war die Still so laut, dass sie beinahe in den Ohren schmerzte.
Es war die letzte Nacht vor dem November. Es war Halloween. Eigentlich hätte man an den Haustüren Kindergruppen in Verkleidungen erwartet, doch diese waren nirgendwo zu sehen. Offenbar gingen hier Dinge vor sich, die die Menschen davon abhielten, sich in der Dunkelheit ins Freie zu wagen.
Plötzlich wurde die Stille unterbrochen, denn die Zeiger der Kirche zeigten senkrecht nach oben. Die Glocke schlug zwölf Mal hintereinander.
Hinter dem alten Kirchturm tat sich etwas. Die Gräber, die schon vor Jahrhunderten hier angelegt worden waren und deren Grabsteine so verwittert waren, dass man keine Namen mehr auf ihnen lesen konnte, öffneten sich. Es bildeten sich Risse, durch die helles Licht aus dem Boden drang. Sie wurden schnell größer und gaben den Weg für die Toten frei.
Finger, an denen kein Fetzen Fleisch mehr hing, die nur noch aus Knochen bestanden, kamen hervor, zogen ihre Körper ins Freie. Sieben Skelette entstiegen der Unterwelt und staksten von der Kirche fort. mit jedem Schritt wurde ihr Gang sicherer. Sie bogen auf die Straße ein.
Die Knochenmenschen schienen ein Ziel vor ihren Augenhöhlen zu haben, denn sie hielten sich nirgendwo auf, sondern liefen genau darauf zu. Als sie vor der ältesten Gaststätte ankamen, öffnete sich die Tür wie von Geisterhand geführt. Die Lebenden, die hier versammelt waren, gingen ihnen aus dem weg, machten Platz. Waren die Skelette an ihnen vorbei folgten sie ihnen in den Keller und betraten gemeinsam …
“Es kann losgehen.“, rief ein älterer Mann, der sich ein Mikrofon um den Hals gehängt hatte. Seine Stimme war auch in der letzten Ecke des langen Raums zu hören. „Zum letzten Duell treten an: Das älteste Team im Wettbewerb, die Untoten. Auf der anderen Seite ihre Herausforderer, die nach 300 Jahren den Champions endlich den Titel abnehmen wollen. Hier sind die Knochenbrecher.“
Die Teams nahmen auf ihren Bahnen Aufstellung. Während die Menschen zu herkömmlichen kugeln griffen, nahmen die Toten ihre Köpfe ab und räumten die aufgestellten Kegel Runde um Runde ab. Am Ende gewannen sie die städtische Kegelmeisterschaft mit großem Abstand und nahmen den Pokal mit in ihre Gräber.

(c) 2024, Marco Wittler

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