195. Der Zwergenaufstand – Beim Barte des Piraten

Der Zwergenaufstand – Beim Barte des Piraten

Die Sonne schien in das große Schlafzimmer hinein. Großer Zwerg, der wegen seiner geringen Körpergröße nur GZ genannt wurde, war sofort wach. Gut gelaunt stand er auf und weckte die anderen Zwerge. Brummel und Bär kamen nur widerwillig unter der Decke hervor, Goldlöckchen stimmte sofort ein Freudenlied an, während Hasenfuß sich sofort wieder versteckte. Ihn plagte die Angst, dass die Nacht sich nur als heller Tag ausgab. Faulpelz dachte sofort an das anstehende Frühstück. Sein Magen knurrte schon sehr.
Der einzige, der sich gar nicht rührte war Puck.
»Puck? Ich koche uns gleich Kaffee. Willst du denn nicht aufstehen?«, fragte GZ.
Nichts geschah.
»Ich werde ihn von der Matratze schubsen.«, entschied Bär und zeigte allen seine Muskeln.
Doch dann nahm er Pucks Decke hoch und sah nur einen Haufen Kissen.
»Er ist verschwunden.«
In diesem Moment hörten sie einen Schrei aus der Küche. Sofort rannten sie die Treppe hinab und entdeckten Goldlöckchen, der einen Brief in seiner zittrigen Hand hielt. Er las den anderen vor, was dort geschrieben stand.
»Ich habe einen von eurer verdammten Truppe entführt. Ich gebe euch Zeit bis die Sonne     untergegangen ist. Sollte ich bis dahin mein Eigentum nicht zurück bekommen haben, werdet ihr euren Freund nie wieder sehen. Dann werde ich ihn als Arbeitssklaven in ein     fremdes Land verkaufen.«
Unterschrieben war der Brief von einem Piraten.
»Wir müssen sofort etwas unternehmen.«, entschied GZ.
Also setzten sich die Zwerge zusammen und schmiedeten einen Plan.

In der Zwischenzeit wachte Puck an einem dunklen Ort auf. Er konnte nichts sehen, stieß sich aber den Kopf an einer sehr tiefen Decke. Die vier Wände um ihn herum waren sehr nah. Er war in einer alten Eichentruhe gefangen. Während er nach seinen Kameraden rief, hörte er eine Stimme. Es war der Pirat.
»Du wirst dort nicht heraus kommen, bevor ich nicht bekommen habe, was ihr mir gestohlen habt. Deine Freunde werden dich nicht befreien können. Wir Piraten sind unbesiegbar. Das ist ein Naturgesetz.«
Er lachte laut und verschwand in seiner Kajüte.

Die sechs Zwerge hatten sich auf eine lange Wanderung gemacht. Viele Stunden waren sie durch die Berge unterwegs, bis sie am Hafen ankamen. Sie mussten sich zuerst umsehen, entdeckten dann aber ein Schiff mit einer schwarzen Flagge am Masten. Darauf waren ein Totenschädel und zwei gekreuzte Knochen zu sehen.
»Das muss der Kahn des Piraten sein.«, war sich Brummel sicher.
»Dann gehe ich mal an Bord und werde ihm den Hintern versohlen, bis ihm Hören und Sehen vergeht.«, knurrte Bär.
Doch GZ hielt sie alle zurück.
»Wir können doch nicht so einfach auf das Schiff gehen. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, damit wir nicht auch noch gefangen genommen werden.«
Doch solche Argumente wollten Brummel und Bär nicht gelten lassen.
»Wir sind Zwerge. Wir sind unbesiegbar.«
Und schon stürmten sie an Bord. Der Pirat hörte den Lärm und kam mit seinem Schwert an Deck. Er war drängte die Zwerge zusammen und drohte ihnen, sie alle zu bekämpfen. Doch dann stolperte er über Hasenfuß, der sich vor Angst flach auf den Boden gelegt hatte.
Der Pirat stürzte und ließ seine Waffe fallen. Das Schwert rutschte über den Boden und fiel über Bord. Nun konnte er sich nicht mehr wehren. Die Zwerge hatten den Kampf friedlich gewonnen. Sie befreiten Puck.
»Warum hast du ihn überhaupt entführt?«, fragte GZ.
»Wir wissen noch immer nicht, was wir dir gestohlen haben sollen.«
Da erklärte der Pirat, dass er vor ein paar Tagen am frühen Morgen beim Zähneputzen aufgefallen war, dass ihm jemand den Bart gestohlen hatte.
»Ohne Bart bin ich doch kein richtiger Pirat.«
Nun mussten die Zwerge lachen. Sie forderten auf, dass der Pirat sie richtig anschauen sollte.
»Wir sind moderne Zwerge. Wir rasieren uns täglich.«
Doch wer sollte dann die Bärte gestohlen haben?
Plötzlich kam eine kleine Person aus dem Schatten heraus. Es war eine Hexe.
»Du verdammter Pirat.«, fluchte sie.
»Ich hatte gehofft, dass du für mich die Zwerge aus dem Weg räumst. Aber du bist ja zu nichts zu gebrauchen. Ich kann Schneewittchen nicht vergiften, so lange es diese Zwerge gibt.«
Vor Wut drehte sie sich im Kreis. Diese Chance nutze Hasenfuß aus, der nun neuen Mut gefasst hatte. Er stand auf und stieß die Hexe über Bord. Bevor sie fiel rutschte ihr ein Bart aus der Tasche.
»Da ist ja mein Bart.«
Der Pirat jubelte. Nun waren alle wieder glücklich. Die Zwerge hatten an diesem Tag einen neuen Freund gewonnen.

(c) 2009, Marco Wittler

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Der Zwergenaufstand – Beim Barte des Piraten (Hörspieltext)

Rollen:

ER) Erzähler
PU) Puck (Entführter Zwerg)
GZ) Großer Zwerg (Kleinster)
FP) Faulpelz
BR) Brummel
GL) Goldlöckchen
HF) Hasenfuß
BÄ) Bär
PI) Pirat
HE) Hexe

1. Szene

PU: Hallo?
Wo bin ich?
Warum ist es denn so dunkel. Ich kann ja gar nichts sehen. Hört mich jemand? Ist da wer?
Was ist denn bloß geschehen? Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich mit einem Sack Edelsteine aus der Mine heraus gekommen. Danach weiß ich nichts mehr.
Aber was soll ich denn jetzt machen? Meine Grubenlampe ist verschwunden. Streichhölzer habe ich auch keine mehr in der Tasche.
Hilfe!
Hört mich denn keiner?
Hilfe!

ER: Der Zwerg Puck saß in der Klemme. Es war kein Licht zu sehen. Absolute Dunkelheit umgab ihn. Doch da er gerade erst aufgewacht war, hatte er noch gar nicht bemerkt, wo er sich nun wirklich befand.
Als er aufstehen wollte, stieß er sich den Kopf.

PU: Aua!
Die Decke hängt aber tief. Man kann ja nicht einmal aufrecht sitzen.
Das ist ja seltsam. Vor mir ist eine Wand, hinter mir und auch links und rechts. Und wenn ich dagegen klopfe, klingt es nach Holz.
Ich sitze in einer Kiste. Das kann doch gar nicht sein. Jemand muss mich eingesperrt haben. Wie soll ich denn hier drin genug Luft bekommen? Ich werde ersticken, wenn mich niemand rettet. Und warum schaukelt es die ganze Zeit? Verliere ich schon das Bewusstsein?
Hilfe! Ich will hier raus!

ER: Puck saß tatsächlich in einer schweren Eichentruhe. Der Deckel war mit einem großen Vorhängeschloss gesichert. Der Schlüssel war weit entfernt und es bestand keine Möglichkeit aus diesem Gefängnis heraus zu kommen.
Plötzlich war ein lautes und verrücktes Lachen zu hören.

PI: Hahahaha!

ER: An der Truhe wurde gerüttelt. Es kam Puck vor, als würde es eine Ewigkeit dauern, bis sie wieder zur Ruhe kam.

PI: Du kleiner Zwerg wirst erst wieder heraus gelassen, wenn ich bekommen habe, wenn ich habe, was ich brauche. So lange wirst du bei mir bleiben.

2. Szene

ER: In einem weit entfernten Land, mitten zwischen unzähligen Hügeln, lag ein kleines Häuschen in einem tiefen und dunklen Wald versteckt. Es war früher Morgen. Die Sonne kroch gerade über den Horizont und schickte die ersten Sonnenstrahlen auf die Erde. Dieses unerwartete Licht weckte ein paar Minuten später einen Frühaufsteher.

GZ: (gähnt)
Huiuiuiui. Wer hätte das gedacht. Es ist ja schon der neue Tag angebrochen. Da wird es aber Zeit, aufzustehen. Draußen zwitschern schon die Vögel um die Wette. Ich bin mir ganz sicher, dass es ein wirklich wunderbarer Tag werden wird. Ich werde sofort aufstehen und die anderen wecken.
(Pause)
Los, Faulpelz. Wach auf. Es ist ein gar wunderbarer Morgen.

FP: Geh bloß weg. Es ist doch noch mitten in der Nacht. Ich stehe erst auf, wenn das Mittagessen auf dem Tisch steht.

GZ: Brummel, schlag die Decke auf. Raus aus den Federn.

BR: (brummt unzufrieden vor sich hin)

GZ: Goldlöckchen, willst du denn nicht den neuen Morgen begrüßen?

GL: Juhuu! Ein neuer Tag ist angebrochen. Da hält es mich keine Sekunde länger in meinem Bett.

GZ: Und Bär steht doch bestimmt auch noch auf, oder etwa nicht?

BÄ: Bitte nicht, lass mich. Ich will nicht. Nein! Ihr kriegt mich niemals aus dem weichen Bett heraus. Geh weg!

GZ: Hasenfuß, kommst du mit mir mit? Ich koche uns gleich einen starken Kaffee und koche leckere Rühreier und Schinken.

HF: (ängstlich) Bist du wirklich sicher, dass die Nacht vorbei ist? Vielleicht will sie uns auch nur täuschen und leuchtet mir einer großen Grubenlampe durch das Fenster. Ich traue mich nicht unter der Decke hervor. Nur in meinem Bett bin ich wirklich sicher.

GZ: Und unser Puck ist mal wieder der Letzte. Jetzt komm aber endlich von der Matratze. Du hast den halben Tag gestern verschlafen und noch die ganze Nacht. Wenn du schon auf das Abendessen verzichtet hast, kannst du wenigstens mit uns frühstücken.

GL: Ach Puck, mein Bester. Schau dir bloß diesen herrlichen Tag an. Du wirst auf jeden Fall etwas verpassen. Ich muss sofort eine Ode anstimmen.
(beginnt ganz schrecklich zu singen)

FP: Ist ja in Ordnung, Großer Zwerg. Ich habs ja verstanden. Ich stehe auf. Aber stell bitte diesen gräßlichen Wecker ab.

HF: Zu Hilfe! Helft mir! Welch unerträglichen Geräusche schmerzen in meinen Ohren. Rettet mich vor diesem unbarmherzigen Wesen. Es wird mich sonst bestimmt bald verschlingen.
BÄ: Stopf ihm bloß das Maul, sonst erledige ich das.

BR: (brummt sehr tief und unzufrieden)

GL: (beleidigt) Ihr habt doch alle keine Ahnung von Musik. Ihr seid absolute Kunstbanausen. Ich gehe jetzt Kaffee kochen. Dabei kann ich wenigstens ungestört singen.

BÄ: (wütend) Lass das bloß sein.

GZ: Nun kommt mal wieder runter, Jungs. Ihr müsst Goldlöckchen einfach so akzeptieren, wie er ist. Jeder von uns hat doch seine kleinen und großen Macken, oder etwa nicht?

FP: Ohne meinen Anwalt sag ich nichts.

HF: (ängstlich) Ich hab keine Macken. Die machen mir viel zu viel Angst. Und gib mir bitte keine von deinen ab. Die kannst du ruhig für dich behalten.

GZ: Was ist denn bloß mit Puck los? Der hat ja noch gar nichts gesagt. Nicht einmal bewegt hat er sich.

BÄ: Keine Sorge. Das erledige ich schon. Ich werd ich mal von der Matratze schmeißen.

ER: Doch dann bekam die Zwerge einen riesigen Schrecken. Unter Pucks Decke lagen viele Kissen, aber sonst war das Bett leer. Ihr Kamerad war verschwunden. Sofort durchsuchten sie das ganze Zimmer, konnten ihn aber nirgendwo entdecken. Nach ein paar Minuten liefen sie die Treppe hinunter, um sich in der Küche zu beraten. Doch bevor sie dort ankamen, hörten sie einen lauten Schrei.

3. Szene

ER: Es war Goldlöckchen, der seine laute und wohlklingende Stimme durch das ganze Haus erschallen ließ.

HF: Oh nein. Es ist gerade ein Mord geschehen. Der Übeltäter ist bestimmt noch im Haus. Bitte lasst mich wieder unter meine Decke. Dort wird er mich nicht finden.

BR: Vergiss es, du Angsthase. Wir sind ein Team und ziehen alle an einem Strang. Das Bett kannst du voll vergessen.

HF: Aber ich bin mir ganz sicher, dass ich von diesem Monster als Erster gefressen werde. Ich habe immer so ein Pech.

FP: Nun geht doch endlich mal bis in die Küche. Da wird sich dann auch bestimmt alles aufklären. Außerdem brauche ich unbedingt etwas zum Sitzen. Ich bin schon ganz aus der Puste.

ER: Die sechs Zwerge kamen in der Küche an. Zu ihrer Überraschung waren weder eine Leiche, noch Blut, noch irgendetwas anderes Schlimmes zu sehen. Selbst das Monster, das Hasenfuß erwartet hatte, ließ sich nicht blicken.

GL: Er ist entführt worden. Piraten waren hier und haben Puck einfach mitgenommen.
BR: Woher willst du das wissen? Bist du neuerdings Hellseher geworden und wir haben es nicht mitbekommen? Wieder so etwas Unnützes, wie deine Singerei. Ich bin gespannt, wie lange es noch dauern wird, bis du endlich etwas Sinnvolles lernst.

GZ: Nun haltet doch endlich mal eure Münder und hört auf zu streiten. Hier liegt ein Brief. Der wird wohl alles erklären.

ER: Und so war es auch. Die Piraten waren am gestrigen Nachmittag in die Edelsteinmine der Zwerge eingedrungen und hatten Puck niedergeschlagen und entführt. Sie hatten ihn nicht einmal ausgewählt. Er war einfach der falsche Zwerg zum falschen Zeitpunkt.
Gemeinsam lasen nun die verbliebenen sechs Zwerge den Piratenbrief.

PI: Ich habe einen von eurer verdammten Truppe entführt. Ich gebe euch Zeit bis die Sonne untergegangen ist. Sollte ich bis dahin mein Eigentum nicht zurück bekommen haben, werdet ihr euren Freund nie wieder sehen. Dann werde ich ihn als Arbeitssklaven in ein fremdes Land verkaufen.

HF: Du meine Güte. Piraten waren in unserem Haus. Die haben bestimmt ganz widerliche Bakterien eingeschleppt. Ich muss sofort meinen Mundschutz und meine Handschuhe anziehen. Ich kann schon spüren, wie ich krank werde. Ihr müsst sofort jede Ecke und alles andere putzen. Sonst bin ich verloren.

BÄ: Ich knöpf mir diese gemeinen Piraten vor. Ich lasse mir doch nicht einen von meinen Freunden stehlen. Die sollen mal so richtig eins drüber bekommen. Meine Faust freut sich schon.

BR: Wir können die Piraten doch fragen, ob sie Puck gegen Goldlöckchen eintauschen. Dann haben wir wenigstens wieder Ruhe.

GL: Ihr habt sie doch nicht alle. Da mache ich auf keinen Fall mit. Ich werde sofort ein Protestlied singen, damit ihr wisst, dass ich so etwas nicht mir mir machen lasse.

FP: Versuch es und ich werde dich bestrafen, sobald ich mich vom Aufstehen erholt habe.

GZ: Nun beruhigt euch doch erstmal wieder. Es wird Puck bestimmt nicht helfen, wenn wir nur streiten und uns gegenseitig fertig machen. Ich schlage vor, wir frühstücken erst einmal, damit wir unsere Kräfte auftanken können und beraten dabei, wie wir unseren Kameraden retten können.

ER: Großer Zwerg war zwar der Kleinste von allen, aber dafür wusste er immer, was zu tun war. Deswegen nannten sie ihn auch immer Großer Zwerg.
Goldlöckchen verteilte gefüllte Kaffeetassen, während Bär einen großen Berg Butterbrote schmierte, die sofort im Magen von Faulpelz verschwanden. Brummel war noch immer schlecht gelaunt, doch das war nichts Neues. Hasenfuß machte sich Sorgen über den weiteren Verlauf des Tages. Nur zu gern wäre er wieder in sein Bett gekrochen. Stattdessen musste er nun befürchten, dass es bald richtig gefährlich werden würde.

4. Szene

ER: Zur gleichen Zeit saß ein kräftiger Pirat auf einer alten Eichentruhe und biss genüsslich ein großes Stück von einer Wurst ab. Er grinste von einem Ohr zum anderen. Er freute sich, dass sein Plan bisher so gut funktioniert hatte. Ohne größere Probleme hatte er einen Zwerg entführt und eingesperrt. Jetzt musste er nur noch darauf warten, dass die anderen Zwerge Das Diebesgut zurück bringen würden.

PI: Wir Piraten gewinnen halt einfach immer. Das ist ein Naturgesetz. Da kann man nichts gegen unternehmen. Deine Freunde sollten also so klug sein und meinen Anweisungen folgen. Eine Befreiungsaktion wird nicht klappen. Das kann ich dir versichern.

PU: Sei dir da mal nicht so sicher. Meine Freunde sind ziemlich schlau. Naja, der eine mehr, der andere weniger. Sie werden alles in Bewegung setzen, um mich zu befreien. Ein Zwerg kennt da keine Grenzen. Wir halten immer zusammen, komme was wolle.

PI: Hahahahaha!
Du machst mir mit deinem Gerede keine Angst. Ich bin ein Pirat. Wir fürchten weder Tod noch Teufel. Außerdem kann ja alles ganz friedlich bleiben, wenn sie mir geben, was ich verlange.

PU: Das hast du ja schon sehr oft gesagt, aber noch immer weiß ich nicht, um was es sich da dreht. Willst du mir nicht mehr verraten? Ich sitze doch eh in dieser stickigen Kiste und kann hier nich fort.

PI: Ruhe jetzt oder ich bringe dich zum Schweigen. Es geht dich gar nichts an, was ich verlange. Deine Freunde werden es schon wissen. Schließlich haben sie es mir gestohlen. Wenn sie es mir zurück bringen, dann wird niemandem etwas geschehen. Das ist mein Ehrenwort. Und das halte ich auch für gewöhnlich.

PU: Du machst es mir wirklich nicht einfach. Vielleicht hätte ich dir ja helfen können. Kannst du dann wenigstens den Deckel der Kiste einen Spalt öffnen? Ich habe Angst, hier drin zu ersticken, wenn mir irgendwann die Luft ausgeht.

ER: Zuerst dachte sich der Pirat, dass er dem Zwerg empfehlen sollte, nicht so viel zu reden. Damit würde er viele Luft sparen können. Doch dann bekam er doch noch ein schlechtes Gewissen und zog einen Korken aus der Seite heraus. Sofort strömten frische Luft und Sonnenlicht in das Innere. Puck konnte endlich aufatmen. Sterben würde er nicht. Zumindest nicht am heutigen Tag. Jetzt musste er nur noch auf seine Rettung warten.
Der Pirat hingegen wartete auf seinen Besitz, der ihm gestohlen worden war. Er war sich ziemlich sicher, dass die Zwerge die Übeltäter gewesen waren. Doch diese schienen nicht die geringste Ahnung davon zu haben.
Der Pirat stand auf und ging in seine Kajüte. Dabei übersah er das Paar dunkelrot leuchtender Augen zwischen den Rumfässern, die ihn die ganze Zeit über beobachteten.

5. Szene

ER: Die Zwerge waren nach einer langen Wanderschaft am Hafen angekommen. Sie wussten, dass hier Piratenschiffe öfters anlegten. Nun mussten sie nur noch das Richtige ausfindig machen.

BÄ: Sobald wir den verdammten Piraten gefunden haben, werde ich ihn auseinander nehmen. Ich werde ihm den Hintern versohlen, dass ihm Hören und Sehen vergeht.

BR: Und ich habe eine Tüte mit Holzwürmern mitgebracht. Die werde ich bei ihm aussetzen. Irgendwann haben sie sich so weit in das Holz seines Schiffes gefressen, dass er damit untergehen wird. Das wird ihm eine Lehre sein, uns Zwerge heraus zu fordern.

GL: Ach Jungs, seid doch nicht gleich so brutal. Mit dem Mann kann man bestimmt angeregt sprechen. Seid guter Dinge, lächelt und schon wird euch das Tür und Tor öffnen. Vielleicht gewinnen wir heute sogar einen neuen Freund hinzu.

HF: Ich will mit niemandem sprechen. Können wir nicht einfach wieder umkehren? Piraten sind doch sehr gefährlich. Vielleicht wird er uns auch auf sein Schiff entführen. Was machen wir dann? Gehen wir doch lieber wieder nach Hause. Wenn wir nicht auftauchen, verliert der Pirat vielleicht das Interesse an uns und lässt Puck einfach frei.

FP: Also, ich bin dafür, dass wir erst einmal eine lange Pause machen und ordentlich Butterbrote essen. Ich habe mir einen ganzen Rucksack voll mitgebracht. Nach dieser langen Reise verhungere ich fast. Ich bin ja nur noch Haut und Knochen.

GZ: Jetzt haltet doch alle mal euren Mund. Es geht hier schließlich um unseren Freund. Wir haben ja nicht einmal einen Plan, wie wir ihn dort heraus bekommen sollen. Aber wir müssen etwas tun. Also strengt gefälligst eure Köpfe an.

FP: Entschuldigung. Aber mein Kopf hat auch Hunger.

GL: Ich hab es doch gesagt. Lasst uns einfach mit dem Piraten verhandeln. Er hat bestimmt ein so sonniges Gemüt wie ich. Ich werde mit ihm ein Liedchen singen und schon sind wir Freunde fürs Leben.

HF: Ich weiß es. Denkt euch einen genialen Plan aus, bei dem ich irgendwas unter meiner Decke zu Hause machen muss. Dann könnt ihr auf jeden Fall auf mich zählen. Dann bin ich wirklich mit dabei.

BÄ: Mir reicht jetzt das ganze Gerede. Es ist mir egal, ob ihr hier noch lange diskutieren wollt. Ich stürme jetzt an Bord und werde jemandem den Hintern versohlen.

BR: Prima. Ich bin dabei. Lass es uns tun.

ER: Bär und Brummel stürmten auf ein großes Schiff zu. Es musste dem Piraten gehören, denn oben an seinem Masten hing eine schwarze Flagge mit Totenkopf und gekreuzten Knochen. Großer Zwerg verdrehte die Augen, denn das war alles andere, als ein Plan. Er wollte zuerst alles genau durchdenken. Doch nun schien alles außer Kontrolle zu geraten. Also nahm er, gemeinsam mit Faulpelz, den ängstlichen Hasenfuß an der Hand. Zu dritt rannten sie ebenfalls los, dicht gefolgt von Goldlöcken, der ein Seemannslied anstimmte.
Nun konnte die Befreiung beginnen.

6. Szene

ER: Die sechs Zwerge erstürmten das Schiff. In diesem Moment fühlten sie sich wie ein Enterkommando. Mit lautem Gebrüll verteilten sie sich an Bord. Doch dort konnten sie niemanden sehen. Da war weder der Pirat noch Puck. Dabei hätten sie ihren Kameraden sofort entdecken müssen. Er rief nämlich laut um Hilfe. Dummerweise waren sie selber noch viel lauter.

PU: Hilfe, Jungs. Ich stecke in der großen Kiste. Befreit mich. Ich will raus.

BÄ: Aber hier ist ja niemand. Wen soll ich denn jetzt bloß verhauen? Was für eine Enttäuschung.

HF: Welch ein Glück. Kein, Pirat, kein Puck. Lasst uns doch einfach schnell wieder gehen. Ich werde zu Hause auch sofort nachschauen, ob Puck sich in meinem Bett versteckt hat. Vielleicht wollte er uns nur einen Streich spielen.

GL: Ach je. Wieder keinen neuen Duettpartner gefunden. Das ist doch mehr als traurig.

BR: Wir sollten trotzdem Augen und Ohren offen halten. Vielleicht taucht er noch auf.

GZ: Da gebe ich dir Recht. Wir warten hier. Dieses Schiff wird bestimmt nicht herrenlos sein.

FP: Ich setze mich erstmal. Diese große Eichentruhe sieht mir sehr gemütlich aus.

PU: Oh nein, bitte nicht. Lasst mich doch einfach raus. Warum hören die mich denn nicht? Ich muss mir unbedingt etwas einfallen lassen, sonst bleibe ich ewig hier drin gefangen.
(Pause)
Ich könnte Stücke meiner Mütze abreißen und durch das Loch nach draußen werfen. Vielleicht sehen sie dieses Zeichen. Zusätzlich werde ich gegen den Truhendeckel klopfen.

FP: Das ist ja seltsam. Die Truhe klopft. Da ist bestimmt schon ein Holzwurm drin. Er mag es vielleicht nicht, wenn ich auf seinem Dach sitze. Ich suche mir lieber ein anderes Plätzchen.

BÄ: Sei doch nicht so dumm. Merkst du es denn gar nicht. Schau dir mal die roten Stofffetzen dort an. Kommen sie dir nicht bekannt vor?

BR: Hier, schaut auf meine Mütze, dann wird es euch bestimmt klar werden.

HF: Du meine Güte, die müssen von Puck sein. Er sitzt in der Kiste. Aber was sollen wir jetzt machen? Wir müssen sofort jemanden finden, der ihn befreit.

GZ: Das ist doch unsere Aufgabe. Also los, helft mir, die Truhe zu öffnen.

PU: Bitte seid vorsichtig. Ich möchte nicht verletzt werden. Beeilt euch. Der Pirat wird jeden Augenblick zurück sein.

GL: Ich werde euch unterstützen, indem ich euch ein Liedchen zur Stärkung singe.

ER: Doch dann stand bereits Bär neben ihm und hielt Goldlöckchen den Mund zu. Es war wohl die falsche Zeit für Musik.
Nun zogen, drückten und schlugen sie auf dem Holz der schweren Eichentruhe herum. Aber der Deckel blieb, wo er war. Schließlich entdeckten sie das große Vorhängeschloss.

7. Szene

ER: Der Pirat wollte seinen Augen nicht trauen, als er sah, was gerade geschah. Durch eines seiner Fenster hatte er gerade noch die Zwergenbande auf sein Schiff steigen sehen. Und nun machten sie sich mit Spitzhacken am Schloss seiner Eichentruhe zu schaffen. Es waren nur wenige Schläge nötig und der entführte Zwerg war befreit.

PI: Verdammt und zugenäht. So haben wir aber nicht gewettet. Ihr gebt mir sofort diesen Zwerg oder meinen Besitz zurück, den ihr mir gestohlen habt.

PU: Nichts da. Jetzt bin ich frei. Du kannst nichts mehr dagegen machen. Du bist allein und wir zu siebt. Du würdest doch jeden Kampf verlieren.

HF: Moment. Ihr seid nur sechs Zwerge. Ich glaube, ich habe etwas unter meiner Decke vergessen. Ich muss ganz schnell nach Hause.

GZ: Leute, ich glaube so wird das nichts. Können wir das nicht auf eine vernünftige Art und Weise regeln?

PI: So sehe ich das auch. Ich werde euch alle mit meinem Schwert bekämpfen, bis ihr erledigt seid.

ER: Und schon zog der Pirat sein Schwert aus der Scheide und stürmte auf die sieben Zwerge ein. Diese hatten gar nicht mit einem so schnellen Angriff gerechnet. Daher konnten sie sich nicht mehr absprechen. Jeder versuchte nun auf seine eigene Art und Weise, mit diesem Problem fertig zu werden. Der große Zwerg sprang beiseite, Bär und Brummel wollten sich ihrem Gegner entgegenstellen, wurden aber brutal weg gestoßen. Goldlöckchen stimmte ein Kriegerlied der Zwerge an, während Faulpelz einfach nichts tat und Puck verzweifelt zu seinen Kameraden sah. Hasenfuß bekam große Panik und warf sich flach auf den Boden, in der Hoffnung, dass alles schnell vorbei sein würde.
Doch dann geschah das Unglaubliche. Der Pirat erwischte niemanden mit seinem Schwert. Stattdessen hatte er nicht richtig aufgepasst. Er stolperte über Hasenfuß und fiel der Länge nach hin. Seine Waffe glitt ihm aus der Hand und fiel ins Wasser. Damit hatte er seinen Kampf innerhalb weniger Sekunden verloren.

PI: Das glaub ich jetzt nicht. Ich wurde von sieben kleinen Zwergen besiegt.

BÄ: Ich wusste es doch gleich. So ein Pirat hat gegen richtige Zwerge nicht die geringste Chance. Wir gewinnen immer.

FP: Damit wäre die Sache ja erledigt. Gibt es jetzt was zu essen? Ich habe mächtig Hunger.

PU: Mensch Leute. Habt ihr das gesehen? Hasenfuß hat den Piraten ganz allein erledigt. Er ist ein richtiger Held. Wir sollten ihn richtig hoch leben lassen. Ohne ihn hätten wir das nie geschafft.

GL: Ich werde sofort ein Loblied auf ihn dichten. Ich werde von nun an nur noch von unserem großen Helden singen.

BR: Wag es und du wirst sofort spüren, wie schmerzhaft ich dich umarmen kann.

ER: Erst jetzt wurde es Hasenfuß klar. Nur seiner Angst hatten sie es zu verdanken, dass sie diesen Tag überlebt und ihren Kameraden befreit hatten. Langsam stand er auf und fühlte sich das erste mal in seinem Leben glücklich. Die Angst war verflogen und neuer Mut keimte in ihm auf.

GZ: Jetzt würde ich aber doch gerne erfahren, warum Piraten einen von uns entführen. Wir haben keine Ahnung, was sich in unserem Besitz befinden könnte, das euch einmal gehört hat.

PI: Ihr habt mir meinen Bart geklaut. Vor zwei Tagen hatte ich ihn noch im Gesicht und nun ist er verschwunden. Und ihr Zwerge tragt doch immer Bart.

PU: Also, ich weiß ja nicht, ob du Tomaten auf den Augen hast. Du hättest nämlich schon längst bemerken können, dass keiner von uns einen Bart trägt.

FP: Glaubst du, wir wären zu faul uns zu rasieren?

BR: Wir wissen auch, dass man ohne Gesichtsmatratze ordentlicher aussieht.

BÄ: Ich hab mir erst letzte Woche einen High-Tech Rasierer gekauft.

HF: Hat da jemand was von Matratzen gesagt?

ER: In diesem Moment kam eine alte Frau aus dem Schatten getreten. Sie war eine gefürchtete Hexe. Nun wollte sie scheinbar beenden, was der Pirat nicht geschafft hatte.

HE: Du dummer Kerl. Hast du nicht genug Mumm in den Knochen, dass du dich von ein paar kleinen Zwergen besiegen lässt? Wie soll ich denn endlich Schneewittchen um die Ecke bringen, wenn mir diese verdammten Sitzriesen ständig dazwischen funken? Alles muss man selber machen. Ich kann es einfach nicht fassen. Jetzt muss ich mir doch die Hände schmutzig machen.

GL: Freunde, ihr werdet es nicht glauben, aber soeben habe ich das Loblied auf Hasenfuß fertig geschrieben. Ich werde es euch vorsingen.

ER: Goldlöckchen begann zu singen. Doch seine schreckliche Stimme brachte alle Anwesenden sofort dazu, sich die Ohren zuzuhalten. Nicht einmal die Hexe konnte es ertragen. Da ergriff Hasenfuß seine Chance, lief los und schubste die Hexe über Bord ins Wasser. Während sie fiel, rutschte ihr der Bart des Piraten aus der Tasche. Damit war dann auch das letzte Problem des Tages gelöst.
Nun konnten die sieben Zwerge gemeinsam mit einem neuen Freund, dem Piraten, ein Freudenfest feiern. Goldlöckchen durfte sogar noch einmal ein Lied anstimmen.

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