Das neue Gartenhaus
Als Tim von der Schule kam, hatte sich etwas verändert.
Wie jeden Tag lief er um das Haus herum, um durch die offene Hintertür hinein zu gehen. Doch diesmal blieb er angewurzelt stehen.
In einer Ecke des Gartens war ein großes Stück Wiese verschwunden. Stattdessen war dort ein großes Loch, gefüllt mit Beton.
„Hm? Was ist denn da passiert?“
In diesem Moment kam Papa aus dem Haus.
„Na, Timmi. Was ist los mit dir. Zu guckst so erstaunt.“
Der Junge zeigte nur mit dem Finger auf die große graue Masse.
„Ach das. Habe ich das denn gar nicht erzählt? Da kommt unser neues Gartenhäuschen hin.“
Ui, ein Gartenhaus, dachte sich Tim. Da kann ich bestimmt meine Geburtstagsfeiern drin machen und mich mit meinen Freunden zum Spielen treffen.
„Und was machen wir mit dem Gartenhaus?“, fragte er.
„Da kann ich dann endlich alle Gartensachen drin verstauen: Rasenmäher, Gartenstühle, Harken, Werkzeuge. Dann bekomm ich die Garage wieder frei und kann mal wieder unser Auto ordentlich unterstellen.“
Tim war enttäuscht. Also doch keine Partys. Aber vielleicht lies sich Papa ja noch umstimmen.
Am nächsten Tag stand ein großer Lastwagen vor dem Haus. Zwei Männer waren gerade dabei, jede Menge Holzteile und ein paar Fenster auszuladen. Anschließend brachten sie alles in den Garten, wo Papa bereits angefangen hatte eine Seitenwand zusammen zu setzen.
Aber als sich Tim die vielen Einzelteile besah, glaubte er nicht, dass Papa so schnell fertig werden würde. Aber er sollte sich irren.
Schon am Wochenende war das Gartenhaus fertig. Richtig schick sah es aus. Es war nigelnagelneu und es roch auch so – wie frisch aus dem Laden.
„Und was machen jetzt? Räumen wir die Garage aus?“
Tim wollte nun auch endlich etwas helfen. Doch Papa winkte ab.
„Nein. Heute auf keinen Fall mehr. Ich habe so sehr geschuftet an der Hütte, ich mache heute gar nichts mehr. Ich wird mir einfach einen Liegestuhl schnappen und mich von der Sonne bräunen lassen.“
Als Tim seine Hausaufgaben fertig hatte, lief er wieder hinunter in den Garten. Papa hatte noch immer nicht mit dem Umräumen begonnen. Das Gartenhaus war also noch leer.
„Du, Papa?“, fragte Tim.
„Ja, Tim?, sagte Papa.
„Was meinst du, darf ich vielleicht mit meinem besten Freund heute Nacht im Gartenhäuschen schlafen? Das würde mir riesig Spaß machen.
Papa überlegte kurz.
„Na gut. In Ordnung. Es ist ja eh noch nichts in der Hütte drin. Also habt ihr genug Platz zum Schlafen und könnt auch noch nichts kaputt machen. Aber es ist auch noch kein Strom da drin. Es ist also die ganze Nacht dunkel. Ihr sollt ja schließlich keine Angst bekommen.“
Tim stemmte seine Arme in die Seiten.
„Wir sind doch keine Angsthasen und erst recht keine Babys mehr. Wir bekommen keine Angst.“
Papa musste grinsen und verkniff sich ein Lachen.
„Na gut. Dann kannst du ja nachher deinen Freund anrufen und ihm Bescheid sagen. In der Zwischenzeit bringe ich euch schon ein paar Luftmatratzen und Schlafsäcke in das Gartenhaus. Dann könnt ihr es euch darin so richtig gemütlich machen.“
Am Abend kam Stefan vorbei. Im Gepäck hatte er seine Zahnbürste und eine Taschenlampe.
„Damit wir uns nicht nachts den Kopf stoßen, wenn wir mal müssen.“, hatte er als Ausrede parat.
Als es langsam dunkler wurde, kam Papa zu ihnen hinaus und machte auf dem Rasen ein kleines Lagerfeuer. Für die beiden Jungs hatte er ein paar Äste und Teig mitgebracht.
„Jetzt werde ich euch erstmal zeigen, was Stockbrot ist.“
Er wickelte etwas Teig um einen Stock und hielt ihn dann eine Weile über das Feuer. Tim und Stefan machten es ihm nach, und kurz darauf konnten sie frisches, warmes Stockbrot essen.
„Das ist ja richtig lecker.“, schwärmte Tim. „Das sollten wir öfters machen.“
Nach einer Weile war es stockduster geworden und Papa hatte das Feuer gelöscht.
„Für mich wird es jetzt Zeit ins Bett zu gehen. Und ihr zwei kriecht am Besten auch in eure Schlafsäcke. Schlaf gut und lasst euch nicht von Geistern ärgern.“
Papa kniff ein Auge zu und verschwand im Haus.
„Pah. Wir haben doch keine Angst vor Geistern.“, rief Tim ihm hinterher.
„Stimmt doch, oder?“, fragte er Stefan.
Hätten sie jetzt etwas sehen können, wären sie sich nun nicht mehr so sicher gewesen.
Aber trotzdem gingen sie nun in das Gartenhäuschen und krabbelten in ihre Schlafsäcke. Schon ein paar Minuten später waren sie eingeschlafen.
Mitten in der Nacht polterte plötzlich etwas im Garten. Es krachte und lautes Heulen schallte herüber.
Tim und Stefan waren sofort wach. Sie krochen zum Fenster und sahen vorsichtig und ängstlich nach draußen.
„Was war denn das?“
„Ich habe keine Ahnung. Hoffentlich nicht so ein Geist, von dem dein Vater gesprochen hat.“
„Dann mach doch mal deine Taschenlampe an und sieh nach.“
Stefan kramte in seinem Rucksack. Aber die Taschenlampe war nicht mehr.
„Was machen wir denn jetzt? Ich bekomme Angst.“
Ins Haus können wir jetzt aber nicht mehr. Der Geist könnte uns erwischen.“
Wieder heulte draussen etwas. Und plötzlich war da ein grelles Licht, das wild über den Rasen sprang. Doch dann leuchtete es den beiden Jungs genau ins Gesicht.
Beide schrien laut. „Hilfe, der Geist hat uns entdeckt.“
In diesem Moment ging das Licht wieder aus und die Tür des Häuschens öffnete sich.
„Na, Jungs. Seit ihr noch wach?“
„Papa? Bist du das?“
Papa schaltete das Licht wieder ein.
„Ja klar, wer denn sonst. Habt ihr etwa geglaubt, da draussen wäre ein Gespenst?“
Tim wunderte sich. „Aber was hat dort draussen so gepoltert und geheult?“
„Hm.“, sagte Papa. „Das muss wohl ich gewesen sein. Mir war im Bett so langweilig, und da wollte ich euch hier ein wenig Gesellschaft leisten. Aber im Dunkeln bin ich über den Liegestuhl gefallen und habe mir am Knie weh getan. Und das Licht vorhin war ich auch. Ich habe draussen nämlich Stefans Taschenlampe gefunden.“
Tim und Stefan mussten nun lachen.
„Mensch, Papa. Du bist ja einer. Und wir dachten schon, jetzt könnten wir mal endlich gegen richtige Geister kämpfen.“
Eine Weile redeten sie noch miteinander, bis einer nach dem anderen einschlief.
(c) 2007, Marco Wittler
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