1306. Spuk im alten Leuchtturm

Spuk im alten Leuchtturm

Am Abend waren dicke Wolken über dem Meer aufgezogen. Ein kräftiges Unwetter kündigte sich an. Die Bewohner des nahen Dorfes hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen. Wer jetzt noch unterwegs war, tat gut daran, sich einen sicheren Unterschlupf zu suchen.
Zwei einsame Wanderer befanden sich noch immer unter freiem Himmel. Es waren ein kleines blaues Monster und ein kleiner Geist, die sich vorgenommen hatten, die Welt zu entdecken. Weit waren sich bisher aber nicht gekommen.
Mittlerweile zog der Sturm auf. Das Monster tat sich bei jedem Schritt schwer und kam kaum noch vorwärts. Der Geist musste ständig darauf achten, dass der Wind ihm nicht sein Laken fort blies.
»So kommen wir nicht weiter.«, rief der Geist. »Wir brauchen einen Unterschlupf.« Er zeigte auf den nahen Leuchtturm, der sich auf dem Deich befand.
Sich an den Händen haltend, überwanden sie die letzten Meter. Der Geist schwebte durch die Eingangstür und öffnete sie für das Monster. Jetzt waren sie in endlich Sicherheit.
»Ich bin neugierig.«, sagte das Monster. Lass uns nach oben gehen. Ich will den Sturm über dem Meer sehen.«
Sie flitzten die Treppe zum Leuchtfeuer hinauf und blickten durch das große Fenster nach draußen. Die hohen Wellen, der prasselnde Regen und die schweren, grauen Wolken am Himmel waren beeindruckend.
Plötzlich klatschte etwas mit Wucht gegen das Glas. Monster und Geist erschraken. Was war das gewesen? Wieder klatschte es laut. War da ein gefährliches Untier aus den Tiefen des Meeres, dass es auf sie abgesehen hatte?
Ein drittes, ein viertes und fünftes Mal klatschte es gegen das Glas. Dann tauchte ein lachendes Gesicht auf der Außenseite auf. Da saß eine kleine Robbe, die immer wieder mit ihren Schwanzflossen gegen das Glas klatschte.
»Na, ihr Angsthasen? Bei dem Wetter macht es doch erst richtig Spaß, draußen zu sein.« Sie lachte ein weiteres Mal und sprang dann zurück in die Fluten.

(c) 2022, Marco Wittler

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