1367. Sieben Schläfer

Sieben Schläfer

Das erste Kalenderblatt des Jahres zeigte den 27. Juni an. Es war Siebenschläfertag. Das bedeutete umfangreiche Veränderungen im Büro. Waren die Schreibtische in den letzten sieben Monaten verwaist gewesen und hatten eine Menge Staub auf sich angesammelt, öffnete sich nun zum ersten Mal wieder die Eingangstür.
Ein laut gähnender Geist kam herein, schlurfte müde an seinen Platz und ließ sich auf seinem Stuhl nieder. Lustlos wischte er etwas Staub von seiner Tastatur und schaltete den Computer an. Ihm folgten ein zweiter, dritter, vierter und fünfter seiner Art, die ebenfalls wenig Begeisterung für den Arbeitsbeginn zeigten. Erst der sechste Geist war gut gelaunt, als er durch die Tür trat. Als Büroleiter war er immer motiviert.
»Guten Morgen, meine lieben Mitgeister. Ich hoffe, ihr habt genau so gut geschlafen wie ich. Dann können wir ja gleich in den Tag und in neue Aufgaben starten.«
Während er vorsichtig gegen das Messingschild am Eingang hauchte und den Staub abwischte, stöhnten seine Kollegen genervt. »Agentur für Geistesblitze. Ja, das sind wir. Ich hoffe, ihr habt jede Menge geniale Ideen mitgebracht, mit denen wir unsere Kunden begeistern können.« Er setzte sich an den Schreibtisch in der ersten Reihe und sah gespannt von einem Kollegen zum Anderen. Fünf von ihnen sahen aus, als hätten sie nicht die vollen sieben Monate geschlafen. Mit denen würde es wohl für den Rest des Jahres schwierig werden. Der siebte Geist saß unbewegt auf deinem Stuhl und hatte eine Sonnenbrille im Gesicht. »Gregor? Ist mir dir alles in Ordnung?«
Gregor antwortete nicht. Er bleib reglos an seinem Platz.
»Hat schon jemand mit ihm gesprochen? Wirst ihr, was er hat? Er ignoriert mich doch sonst nicht.«
Nein. Niemand hatte an diesem Morgen mit Gregor gesprochen. Er war sogar schon hier gewesen, bevor die anderen Geister ins Büro geschwebt waren.
Der Büroleiter stand auf, schwebte langsam zu seinem Kollegen und nahm ihm die Brille ab. »Da brat mir doch einer einen Storch. Welch eine geistreiche Idee. Er hat die letzten sieben Monate im Büro verbracht und schläft immer noch.« Er drehte sich zu den anderen um. »Los, schreibt es auf. Das ist die beste Idee, die jemals in dieser Agentur entstanden ist. Die Sache mit der Sonnenbrille werden wir sofort vermarkten. Wir werden damit steinreich.«

(c) 2022, Marco Wittler

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