1376. Die schwarz-gelbe Gang

Die schwarz-gelbe Gang

Große Nervosität machte sich auf der Wiese mitten auf der Waldlichtung breit. Die Blumen waren in heller Aufregung. Die einen zitterten vor Angst, die anderen schlossen bereits ihre Blüten, um sich irgendwie vor der drohenden Gefahr zu schützen. Ein paar Minuten später wurde ein lautes Brummen hörbar. Sie kamen.
Wenige Augenblicke waren drei dicke, dunkle Punkte am Himmel zu erkennen, die sich schnell näherten. Ihr Ziel war die Blumenwiese. Sie senkten sich herab und sausten einmal über die Lichtung hinweg, checkten die Lage und sahen sich nach den besten Plätzen um.
»Da vorne!«, rief eine dicke Hummel. »Da vorne sehe ich einen frischen Löwenzahn. Der gehört mir.« Mit einem lauten Lachen ließ sich die Hummel in die Blüte fallen. Ihr dicker Hintern verteilte die Pollen in alle Richtungen. »Der Blume hab ich es aber gezeigt.«
Schon flog die Hummel wieder los. »Jetzt seid ihr dran. Macht schon!«
Ein kleines Gänseblümchen, dass zitternd unter dem Blattwerk eines Farns Schutz gesucht hatte, konnte sich das wilde Treiben nicht mit ansehen. Es musste sich die Augen zuhalten. »Warum sind sie denn jetzt schon wieder da? Die schwarz-gelbe Gang kommt doch sonst immer nur einmal in der Woche vorbei, um uns zu schikanieren. Es sind aber gerade erst zwei Tage vergangen.«
Die Hummel verbreiteten Angst und Terror. Sie hüpften von einer Blüte zur nächsten und beraubten die Blumen ihres wertvollen Nektars.
»Na, habt ihr uns vermisst?«, rief die dicke Hummel. »Es ist Zahltag!« Sie packten große Säcke aus und füllten sie mit allem, was sie in ihre Finger bekommen konnten.
»Was sollen wir denn jetzt machen?«, fragte das kleine Gänseblümchen ein kleines Vergissmeinnicht. »Ich habe noch keine neuen Pollen. Die Zeit war viel zu kurz. Sie werden mich zur Straße ausreißen und verwelken lassen. Wenn ich doch nur ein besseres Versteck hätte.«
Das Vergissmeinnicht schüttelte den Kopf. »Ich habe eine Idee. Wir müssen nur jemanden rufen, der ordentlich Muckis hat, um die schwarz-gelbe Gang für immer zu vertreiben. Wir rufen den Mucki-Frosch.«
Das blaue Blümchen setzte sich ein Head-Set auf und setzte einen Notruf ab.
In den nächsten Minuten wurden die Blumen immer weiter geplündert. Die Säcke der Hummeln füllten sich immer weiter. Doch plötzlich näherte sich ein weiterer Schatten. Über der Lichtung näherte sich ein kleines Fluggerät, an dem sich ein Fenster öffnete. Ein Storch blickte herunter, nickte und hob einen Daumen. »Wir sind hier richtig. Du kannst abspringen.«
Eine Seitentür öffnete sich, ein grüner Frosch mit mächtig dicken Muckis sprang heraus. Noch bevor er überhaupt den Boden berührte, schnappte er sich die erste Hummel. Mit zweiten weiteren kräftigen Sprüngen erwischte er auch die zweite und dritte.
»Jetzt ist aber Schluss mit Lustig. Hier wird nie wieder geplündert, haben wir uns verstanden? Ich kann nämlich auch andere Seiten aufziehen und mächtig unfreundlich werden.«
Schon wollte der Mucki-Frosch die Hummel einzeln bis zu den Wolken hinauf werfen, als ihm etwas auffiel. »Moment mal. Seit ihr etwa keine Hummeln?« Er sah sich die drei Verbrecher von allen Seiten an und entdeckte Reißverschlüsse. »Hätte ich mir gleich denken können. Ich kenne keine einzige Hummel, die so frech und unverschämt ist.«
Der Mucki-Frosch zerriss ein Kostüm nach dem anderen. Darunter kamen drei fette Brummer zum Vorschein. »Und jetzt zieht Leine. Wenn ihr euch in diesem Wald noch einmal blicken lasst, werde ich aber so richtig sauer.«

(c) 2022, Marco Wittler

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*