1611. Ab geht die wilde Maus

Ab geht die wilde Maus

Es konnte nur noch wenige Augenblicke dauern. Die Gruppe Wartender wuchs mit jeder Minute. Sie drängte sich immer näher zusammen. Sie alle hielten den Atem an. Die Aufregung stieg immer weiter.
Der Kontrolleur, der sich vor dem einzigen Ausgang breit gemacht hatte, trat nun vor, räusperte sich und blickte mehrmals hin und her.
»Ich erkläre euch noch einmal den genauen Ablauf, damit hier und heute nichts schief läuft und niemand unnötige Verletzungen davonträgt. Es ist schon mehrfach vorgekommen, dass einzelne Abenteuerlustige nicht im Zielgebiet angekommen sind, weil sie sich nicht an die Regeln gehalten haben. Die Rettungsaktionen, die dann durchgeführt werden müssen, kosten viel Zeit und Aufwand, sind aber keine Garantie dafür, dass wir euch auch finden. Deswegen noch einmal in klarer Deutlichkeit: Ihr springt auf mein Kommando, keinesfalls eher. Die Gruppe bleibt zusammen. Es gibt keine Alleingänge. Niemand weicht von der festgelegten Route ab. Wer auf der Ideallinie bleibt, hat auch den meisten Spaß. Am Ziel sehen wir uns alle wieder.«
Die Springer nickten wortlos und signalisierten ihre Zustimmung.
»In Ordnung.« Der Kontrolleur öffnete den Ausgang. Eine starke Windböe drückte kalte Luft herein und drohte, die ersten Reihen aus ihren Schuhen zu pusten. »Haltet eure Tickets bereit. Wer kein gültiges Sprungticket dabei hat, darf auch nicht raus. Ich schicke diejenigen sofort nach Hause.«
Er trat zur Seite. »Es geht los.« Die ersten Springer drängten nach vorn, gaben die Tickets ab und sprangen in die grauschwarze Tiefe, deren Grund und Boden man nicht einmal erahnen konnte.
In hoher Geschwindigkeit ging es der Erde entgegen. Mal hielten sich die Springer an den Händen, mal stürzten sie ein Stück des Weges allein.
Plötzlich war da ein riesiges Hindernis. Sie klatschten auf eine schiefe Ebene, rollten an ihr herab und landeten in einer übergroßen Rinne. Dort sammelten sie sich, trieben nun gemeinsam ein wenig ziellos umher, bis sie an einem Fallrohr ankamen und in dieses hinein fielen.
Finsternis umgab die Springer. Nirgendwo war ein Halt. Immer wieder knallten sie unsanft an die Wände, die sie nur spüren, aber nicht sehen konnten.
Der Weg machte eine scharfe Biegung. Durch eine Öffnung gelangten sie ins Freie. Die Springer platschten in eine große Pfütze, die sich in einer Senke vor dem Haus mittlerweile gebildet hatte. Die Regentropfen jubelten vor Freude. Dieser neue Freizeitpark war das Beste vom Besten und schlug die Trampolinsprünge auf den Blättern des Regenwaldes um ein Vielfaches.
Ein besonders großer Tropfen ereichte das Ziel und ließ das Wasser um sich in alle Richtungen davon spritzen. Der Kontrolleur war am Ziel angekommen. »In Ordnung. Einmal durchzählen und dann auf den angekündigten Sonnenschein warten. Wir lassen uns verdunsten und sammeln und wieder in der Wolke für die nächste Runde. Tickets können ab sofort bei mir erworben werden.«

(c) 2024, Marco Wittler

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