1675. Lichter in der Dunkelheit

Lichter in der Dunkelheit

»Theo?« Marianna stand am Fenster und starrte nach draußen. Die sonst so hell erleuchtete Straße lag in völliger Dunkelheit, nachdem bei Bauarbeiten das Stromkabel beschädigt wurde und keine der vielen Laternen funktionierte. »Mir macht das ein wenig Angst. Mama ist noch unterwegs. Was ist, wenn sie den Weg nach Hause nicht findet? Wir hätten sie lieber zum Einkaufen begleiten sollen.«
Theo, der auf dem Bett gesessen und ein Buch gelesen hatte, blickte nun auch durch die Glasscheibe. »Das hätte aber nichts gebracht. Wir sehen auch nicht mehr als Mama. Dann würden wir uns alle drei verlaufen.«
Marianna riss die Augen auf. »Aber Mama ist allein. Sie hat bestimmt ganz dolle Angst. Können wir denn nichts unternehmen? Wir suchen sie und zeigen ihr den Weg.«
Theo nickte langsam und begann zu überlegen. Wie sollten sie Mama finden und ihr dann auch noch die richtige Richtung weisen? Das würde nicht so einfach werden. Doch plötzlich erhellte sich sein Blick. Er begann zu grinsen. »Ich habe eine grandiose Idee. Komm mit.«
Sie liefen zum Bett. Theo holte einen Schuhkarten hervor, in dem Eisholzstiele und Gummibänder lagen. »Wir bauen uns daraus ein Flugzeug. Von oben können wir die ganze Stadt und den Wald sehen. Wir werden sie bestimmt schnell entdecken.«
Sie begannen zu basteln, legten die Stiele sorgfältig nebeneinander und verbanden sie mit den Gummibändern. Zuerst entstand der Rumpf, dann die Flügel vorn und hinten. Zuletzt wurde der Propeller montiert, der sich mit Gummibändern aufziehen ließ.
Theo rollte den Flieger in Startposition und öffnete das Fenster. Die Kinder stiegen ein und schnallten sich an. Nur wenige Augenblicke hoben sie ab und glitten durch die Luft in die Dunkelheit hinein.
Theo blickte immer wieder auf die Straße hinab, doch wegen des Stromausfalls war einfach nichts zu erkennen. »So kommen wir nicht weiter. Wir brauchen noch eine Idee, damit wir Mama finden können.«
Marianna nickte und zeigte auf den Wald. Flieg dort hin. Wir holen uns Hilfe von meinen kleinen Freunden.«
Theo drehte das Lenkrad, zog sein Flugzeug zur Seite. Schon hatten sie die hohen Baumwipfel unter sich. Marianna sah nach unten und pfiff laut. »Jetzt müssen wir nur noch abwarten.«
Die Kinder mussten gar nicht so lang warten. Schon stiegen dutzende, nein hunderte kleiner Lichter auf, folgten dem Flieger und setzten sich auf die Flügel. Es waren unzählige Glühwürmchen, die nun die Dunkelheit erhellten und damit auch die Straßen.
»Das ist genial!« Theo jubelte laut. »Und da vorn ist Mama. Sie ist gerade falsch abgebogen. Schnell!«
Fast im Sturzflug ging es nun nach unten. Die Kinder riefen, winkten und umkreisten Mama einmal. Sie zeigten ihr den richtigen Weg und wichen ihr mit dem kleinen Flugzeug nicht eher von der Seite, bis sie das Haus erreicht hatten.

(c) 2025, Marco Wittler

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