181. Das Auto ist kaputt

Das Auto ist kaputt

Papa fluchte laut, als er zurück ins Haus kam. Er warf seine Jacke über den Garderobenhaken und riss sich die Mütze wütend vom Kopf.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte Mama neugierig.
»Das Auto ist kaputt. Der Motor will einfach nicht anspringen.«
Dann sah er die Kinder an und zuckte mit den Schultern.
»Der Kindergarten fällt wohl heute aus. Ich kann euch nicht hin fahren.«
Sofort sah entsetzte Augen und enttäuschte Gesichter.
»Aber Nina wollte mir heute ihre neue Puppe zeigen.«, beschwerte sich Anna.
»Und Mike bringt heute Einladungen zu seiner Geburtstagsfeier mit.«, legte Max nach.
Papa setzte sich an den Küchentisch und blätterte im Telefonbuch herum. Irgendwo musste doch die Nummer der Autowerkstatt geblieben sein. Doch dann hielt er inne, dachte kurz nach und hatte plötzlich eine Idee.
»Kinder zieht euch an. Ich bringe euch zu Fuß zum Kindergarten. Das hat mein Vater früher immer mit mir gemacht.«
Der Jubel war groß. So schnell hatten sich Anna und Max noch nie angezogen. Mama musste nicht einmal helfen. Papa holte noch schnell seine Arbeitsrucksack aus dem Auto und Mama drückte ihm eine Tüte Äpfel in die Hand.
»Die sollst du doch während der Arbeit essen.«

Ein paar Minuten später waren die drei auf dem Gehweg unterwegs. Die Winterluft war kalt und die Sonne noch nicht aufgegangen. Papa beleuchtete die ganze Zeit mit einer Taschenlampe den Weg.
»Das ist ja ganz schön unheimlich hier.«, flüsterte Max, als sie am Wald entlang kamen.
»Hier leben bestimmt böse Geister, die uns erschrecken wollen.«, befürchtete Anna.
Papa gab seiner Tochter die Taschenlampe und nahm seine Kinder an die Hand.
»So wird euch nichts passieren. Ich werde auf euch aufpassen. Außerdem gibt es keine bösen Geister.«
So liefen sie dann mit schnellen Schritten weiter.
Plötzlich war ein Knacken im Unterholz zu hören. Irgendetwas war ganz in der Nähe. Die Kinder zitterten und sahen sich ängstlich um. Was konnte das nur gewesen sein? Waren es vielleicht doch bösen Geister?
»Wenn bloß nicht das Auto kaputt gegangen wäre. Ich wäre viel lieber zum Kindergarten gefahren. Ich will wieder nach Hause.«
Anna fing an zu weinen.
Auf einmal sahen sie zwei leuchtende Augen, die sich langsam durch den Wald bewegten. Jetzt bekam auch Papa weiche Knie.
»Schnell, gebt mir die Taschenlampe. Ich will wissen, was das ist.«
Er leuchtete in alle Richtungen, bis er sah, was sie so in Panik versetzt hatte. Vor ihnen saß ein kleines, grunzendes Tier in einem Busch und sah die drei Menschen neugierig an.
»Der Frischling scheint hungrig zu sein.«, sagte Anne.
Sofort kramte sie an Papas Rucksack und holte einen der Äpfel heraus, den sie dem kleinen Wildschwein zuwarf.
Erst etwas zögerlich, dann sehr hungrig stürzte es sich auf diese köstliche Speise.
»Huch, was ist denn das?«, fragte sich Papa plötzlich, denn in diesem Moment kamen noch mehr Wildschweine aus der Dunkelheit hervor. Sie waren vom Obstgeruch angelockt wurden.
Beide Kinder nahmen sich nun den Rucksack vor und fütterten die Schweine, die sich die Äpfel schmatzend schmecken ließen. Nicht ein einziger blieb übrig.
»So, jetzt muss ich euch aber im Kindergarten abliefern, sonst komme ich noch zu spät zur Arbeit.
Papa nahm seine beiden Kinder an die Hand und ging mit ihnen weiter. Doch den Rest des Weges waren sie nicht mehr allein, denn die gesamte Wildschweinfamilie folgte ihnen fröhlich grunzend bis zur Eingangstür des Kindergartens. Erst dort verschwanden sie wieder im Wald.
»Das war richtig schön.«, schwärmte Max.
»Bringst du uns Morgen auch wieder zu Fuß hierher? Wir könnten doch dann wieder die Wildschweine füttern.«
Papa musste lachen. Der Ärger über das kaputte Auto war nun verschwunden.

(c) 2009, Marco Wittler

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