Fußballturnier im Tierheim
»Tooooooooorrrr« rief ein Kind laut und rannte stolz über die große Wiese.
»Tor?« wunderte sich Schildkröte Paul und sah zum Eingangstor des Tierheims. »Wer ist denn da am Tor? Ich kann niemanden sehen.«
Die zwei Hunde neben ihm lachten. »Nicht das Eingangstor. Der Bengel hat seinen Ball ins Tor geschossen. Hast du denn keine Ahnung von Fußball?«
Paul schüttelte den Kopf. »Sagt mir nichts. Habe ich noch nie gehört.«
»Na gut. Wir sind Hunde. Wir spielen ständig mit Bällen. Da kennen wir uns einfach besser aus, als andere Tiere.«
»Was soll das heißen?« mischte sich ein Kater ein. »Wieso sollten sich Hunde besser mit Fußball auskennen? Wir Katzen sind mindestens so gut wie ihr, wenn nicht noch besser.«
Die Hunde lachten wieder. »Kein Tier wird jemals einen Hund beim Fußball schlagen können. Fußball ist schließlich ein Menschenspiel. Und welches Tier ist der beste Freund des Menschen? Der Hund! Also ist es nur logisch, dass wir jedes Fußballspiel gewinnen würden.«
Nun war der Kater sauer. Stinksauer. Wie konnten diese überheblichen Kerle so etwas nur behaupten?
»In Ordnung. Ich nehme an. Heute Abend spielen wir gegeneinander. Sobald die Menschen Feierabend gemacht haben, rollt der Ball.«
Die Hunde hielten sich die Bäuche vor lachen und rollten sich auf dem Rasen hin und her.
»Ihr wollt tatsächlich gegen uns antreten? Ihr werdet nicht ein einziges Tor schießen. Das könnt ihr voll vergessen.«
»Wir werden es ja sehen.« antwortete der Kater Miro mit zittriger Stimme.
»Verehrte Damen und Herren. Es ist 18 Uhr. Die Menschen sind auf dem Weg nach Hause und die Bewohner unseres wunderschönen Tierheims haben sich auf der großen Wiese versammelten um einem großen Ereignis beizuwohnen.«
Schildkröte Paul hatte sich am Nachmittag von den Hunden die Spielregeln erklären lassen. Mittlerweile war er Feuer und Flamme. Er war so begeistert vom Fußball, dass er es sich nicht nehmen lassen wollte, Stadionsprecher zu sein. Er hatte sich aus einer dicken Pappe ein Sprechrohr gebastelt, damit man ihn überall hören konnte.
»Die Mannschaften der Hunde und der Katzen haben sich bereits warm gemacht und warten nun darauf, dass der Schiedsrichter den Ball frei gibt.«
In der Mitte des Feldes stand ein großer Papagei. Er fragte die Spieler noch einmal, ob sie bereit waren. Dann pfiff er laut und flatterte in die Luft, um alles besser überblicken zu können.
»Das Spiel ist gestartet.« rief Paul begeistert. »Die zweiundzwanzig Hunde und Katzen haben den ganzen Tag auf diesen Augenblick hin gefiebert. Jetzt gibt es kein Halten mehr.«
Es ging hin und her. Die Mannschaften schenkten sich nichts. Es wurde ein hartes Spiel. Die Katzen waren wendig, sie waren flink und flitzten immer wieder durch die Beine ihrer Gegner. Die Hunde kämpften auch erbittert um den Sieg. Allerdings setzten sie nicht immer faire Mittel ein. Sie bissen, sie bellten laut, foulten, drängelten und beschwerten sich ständig beim Schiedsrichter. Nach sechs Minuten erzielten die Kläffer das erste Tor. Weitere zwei Minuten fiel das Zweite. Die Katzen keuchten vor Anstrengung und wussten nicht mehr, was sie machen sollten. Mit ganz viel Gück erzielten sie durch eine Grätsche den Anschlusstreffer.
»Gott sei Dank steht es nur noch 2:1. Und das sollte den Katzen Mut geben.« rief Paul aufgeregt.
Es ging weiter hin und her. Mal gab es Chancen auf der einen, mal auf der anderen Seite.
»Achtzehnte Spielminute. Tor für die Katzen. Das ist der Ausgleich. Es ist unglaublich. Wer hätte das erwartet?«
Nach 45 Minuten war dann erstmal Halbzeitpause. Die Tiere versorgten sich mit Wasser und Futter. Für jeden standen Näpfe am Spielfeldrand bereit.
Weitere fünfzehn Minuten später betraten Hunde und Katzen wieder den Rasen. Die Hunde lachten ihre Gegner aus. »Wollt ihr wirklich noch gegen uns antreten? Habt ihr die Hosen immer noch nicht voll genug? Auch wenn es jetzt unentschieden steht, wir werden euch jetzt so richtig fertig machen.«
Die Katzen sahen an sich herab. »Wir haben gar keine Hosen, die wir voll haben könnten.«
Schildkröte Paul stellte sich wieder an den Rand des Spielfelds und informierte die Zuschauer über das aktuelle Geschehen.
»Das Spiel geht weiter. Der Schiedsrichter pfeift an. Aber was ist das?«
Paul sah nach oben und entdeckte dunkle, graue Wolken über sich, aus denen Tropfen auf seinen Kopf gefallen waren.
»Es beginnt zu regnen. Jetzt werden die Karten des Spiels also ganz neu gemischt. Der Rasen wird rutschiger und die Felle der Spieler nasser.«
Das Lachen der Hunde war mittlerweile verstummt. Die bemerkten, dass sie mit jeder Minute weniger Halt auf der Wiese hatten. Ihre klobigen Pfoten rutschten immer wieder weg. Die Hunde landeten mit ihren Schnauzen im Dreck.
Die Katzen kamen mit dem Wetter besser klar. Sie konnten sich mühelos in den feuchten Boden krallen und hatten den besseren Halt. Sie wurden immer selbstsicherer und erspielten sich immer mehr Möglichkeiten. Aber ein weiterer Treffer wollte nicht folgen. Er kurz vor Schluss kam es zu einer ganz großen Chance. Die Hunde verspielten einen Ball, den sich Kater Miro schnappte. Paul war begeistert und bekam sich nicht mehr ein.
»Miro hat den Ball. Aus dem Hintergrund müsste er schießen. Miro schießt. Toooor, Toooor, Toooor, Toooor! Tor für die Katzen. 3:2.«
Die Katzen mussten nur noch fünf Minuten durchhalten. Der Regen war auf ihrer Seite. Die Hunde schienen mittlerweile aufgegeben zu haben. Sie konnten mit ihren Gegnern nicht mehr mithalten. Und dann kam der Schlusspfiff.
»Aus, aus, aus, aus! Das Spiel ist aus! Die Katzen sind Tierheimmeister.«
Pauls Stimme überschlug sich. Die Katzen fielen sich in die Arme, während die Hunde erschöpft in die großen Pfützen des Rasens stürzten.
(c) 2014, Marco Wittler
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