260. Wolle Wollknäuel

Wolle Wollknäuel

»Wolle Wollknäuel.«, rief die Schäfersfrau über die große Weide hinweg.
»Los, kleines Schaf, komm schnell her.«
Wolle sah auf. Er hatte gerade ein Grasbüschel zwischen den Zähnen, kaute gemütlich darauf herum und schluckte es herunter. Erst dann begann er sich zu bewegen. Neugierig näherte er sich der Stimme, die ihn gerufen hatte.
Gab es vielleicht etwas besonders Leckeres zu Fressen? Denn es war noch keine Zeit, um sich im Stall schlafen zu legen.
Die Schäfersfrau öffnete ihre Tasche und holte eine große Schere daraus hervor.
»Es wird Zeit, dir dein Fell zu scheren.«
Wolle konnte sich nicht vorstellen, was die Frau mit ihm machen wollte. Er war noch jung und hatte noch nicht viel erlebt.
Da wurde er schon von einer kräftigen Hand gepackt. Die Schere sauste nieder und schnitt in wenigen Minuten das komplette Fell von seiner Haut.
Das kleine Schaf war erschrocken. Es sah sich seinen nackten Körper an.
»Du meine Güte. So kann ich mich doch nirgendwo sehen lassen.«
Wolle wurde rot im Gesicht und verkroch sich hinter dem Stall.

Ein paar Wochen begann der Winter. Die Temperaturen fielen und unzählige Schneeflocken bedeckten die Erde.
Wolle trottete traurig über die Weide und zitterte. In dieser Kälte fehlte ihm sein wärmendes Fell.
»Wolle Wollknäuel.«, rief die Schäfersfrau, als sie aus dem Haus kam.
»Kleines Schaf, komm her zu mir.«
Wolle sah sich um. Noch immer traute er ihr nicht über den Weg. Aber was sollte ihm denn noch passieren? Sein Fell hatte er bereits verloren. Also schlich er zu ihr hin.
»Frierst du nicht bei diesem Wetter?«, fragte die Frau.
»Ich glaube, da habe ich etwas für dich.«
Mit leuchtenden Augen öffnete sich ihre Tasche und holte einen großen Pullover hervor.
»Den habe ich für dich aus deinem Fell gestrickt. Der wird dich im Winter wärmen.«
Und schon streifte sie den Pullover über das kleine Schaf.
Pullover? Ein wirklich geniale Idee. Wolle war glücklich, denn kaum hatte er dieses Kleidungsstück am Körper, wurde es richtig mollig warm.
Ganz vergnügt hüpfte er über die verschneite Weide zurück zu seinen Freunden.

(c) 2009, Marco Wittler