Das Ende der Landesgartenschau
Lieber Niklas.
In diesen Tagen ist bei uns die Landesgartenschau zu Ende gegangen. Seit dem Frühling war auf einem großen Gelände vor den Toren Deilinghofens alles zum Thema Garten zu erleben. Dort waren unzählige Blumen zu finden, Wassergärten, ein Wald- und ein Wasserspielplatz und jede Menge Neues zu entdecken. Mindestens einmal in der Woche war ich dort spazieren und habe mir immer wieder alles angeschaut. Abends gab es sogar große Musikkonzerte. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was das für ein Spaß gewesen ist. Schade, dass du das nicht miterleben konntest. Aber schöne Blumen wird es hier auch im nächsten Jahr wieder geben, vielleicht kommst du mich dann wieder einmal besuchen.
Am letzten Abend der Gartenschau war etwas ganz Besonderes geplant. Nach einem allerletzten Konzert sollte ein großes Feuerwerk stattfinden. Allerdings war der verantwortliche Pyrotechniker, so nennt man die Feuerwerker, vor ein paar Wochen im Ausland bei einem Unfall gestorben. Darüber war nicht nur ich, sondern die ganze Stadt traurig. Zuerst sollte deswegen unser Feuerwerk ausfallen, aber die Familien der Verstorbenen hatten entschieden, dass es stattfinden sollte.
Am Sonntag war es dann so weit gewesen. Zum letzten Mal öffneten die Tore zum Gartenschaugelände. Von allen Seiten strömten die Besucher durch die Eingänge und besahen sich ein letztes Mal das eine oder andere Blümchen. Am Abend, kurz bevor das Konzert beginnen sollte, wollte ich bei den neuen Feuerwerkern noch einmal nach dem Rechten sehen. Da ich ja jedes Jahr in der Neujahrsnacht selbst viele Raketen in den Himmel jage, weiß ich nur zu genau, was man alles falsch machen kann. Also konnte eine helfende Hand mehr nicht schaden.
Die Sonne war mittlerweile unter gegangen und die Vorbereitungen alle schon gelaufen. Nirgendwo war etwas in der Dunkelheit zu sehen. Da ich keine Taschenlampe bei mir hatte, holte ich eine Schachtel Streichhölzer hervor, zündete es an und erschrak auf der Stelle. Überall um mich herum standen unzählige Feuerwerkskörper. Die Überraschung war so groß, dass ich versehentlich das Streichholz fallen ließ. Es landete auf einer dicken Zündschnur, die sofort zu brennen begann.
›Jetzt aber Fersengeld geben.‹, sagte ich zu mir selbst und rannte, so schnell es ging. Ein paar Sekunden später jagten nämlich die ersten Raketen in den Himmel. Durch meine Schuld ging nun das Feuerwerk zwei Stunden zu früh los. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie verdutzt die ganzen Leute waren. Mir war die Aktion natürlich sehr peinlich. Aber toll hat es trotzdem ausgesehen.
Bis zum nächsten Brief.
Dein Onkel Paul
(c) 2010, Marco Wittler
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