Ein Haustier unterm Weihnachtsbaum
Emma stand mit einem Strahlen auf dem Gesicht im Wohnzimmer und überreichte Mama ihren Wunschzettel.
»Ich bin fertig. Ich hab ihn auch mit extra viel Blümchen bemalt, damit der Weihnachtsmann meinen Wunsch auch wirklich erfüllt.«
Sie gab Mama den kleinen Brief.
»Kannst du ihn bitte für mich in einen Umschlag packen und mit der Post abschicken?«
Mama nickte und wollte den Wunschzettel bereits zur Seite legen, als sie kurz überlegte und dann doch einen Blick darauf warf.
»Eine Katze?«, fragte sie ungläubig.
»Nein!«, antwortete Emma. »Keine Katze, sondern eine süße Mietzekatze.«
Mama schüttelte den Kopf. »Man verschenkt keine Tiere zu Weihnachten. Das macht auch der Weihnachtsmann nicht.«
»Aber warum denn nicht?«, beschwerte sich Emma. »Ich will aber eine Mietzekatze. Ganz unbedingt.«
Mama seufzte.
»Weißt du, das mit den Haustieren ist so: Man muss sich lange überlegen, ob man wirklich ein Tier bei sich leben haben möchte und welches dann das Richtige ist. Das geht nicht mal eben beim Schreiben des Wunschzettels.«
Emma grummelte. »Ich habe darüber nachgedacht und ich will eine Mietzekatze.«
»Eine Katze …«
»Eine Mietzekatze!«
»Na gut. Eine Mietzekatze wartet nicht den ganzen Tag darauf, dass du mit ihr kuschelst. Nachts schläfst du und vormittags bist du in der Schule. Dann langweilt sich die Mietzekatze. Sie ist kein Kuscheltier, dass man ins Regal stellen kann.
Außerdem braucht sie Futter und man muss regelmäßig das Katzenklo sauber machen.«
»Ich will aber eine Mietzekatze haben und der Weihnachtsmann wird sie mir auch bringen.«, wurde Emma nun sauer.
Mama wollte noch erzählen, dass sehr viele Weihnachtstiere ein paar Tage oder Wochen später im Tierheim abgegeben werden, wenn man merkt, dass sie viel Arbeit machen. Aber das wollte Emma nicht mehr hören.
Ein paar Minuten später kam Emma mit einem neuen Wunschzettel zurück.
»Ich hab’s mir nochmal überlegt. Du hattest Recht. Ich will jetzt doch keine Mietzekatze mehr. Ich will einen kleinen, süßen Kuschelwuschelhund.«
Mama fehlten die Worte. Sie schüttelte nur noch den Kopf.
»Na gut. Dann probieren wir das einfach mal aus.«
Gemeinsam fuhren sie in das nächste Tierheim und besuchten dort die vielen Hunde, die auf einen neuen Besitzer warteten.
Emma war sofort Feuer und Flamme. Sie begeisterte sich für jeden weiteren Hund, den sie sah.
Am Ende suchte sie sich einen aus, mit dem sie auf einer nahen Wiese einen Spaziergang machen durfte.
Ganz stolz hielt Emma den Hund an der Leine und ging mit ihm los. Doch schon nach wenigen Metern übernahm der Hund die Kontrolle. Er wurde immer flotter und zog das Mädchen hinter sich her.
»Hey, Moment mal. Warte! Ich bin nicht so schnell!«
Mama eilte zur Hilfe und griff ebenfalls zur Leine. Gemeinsam konnten sie den Hund halten. Der Spaziergang wurde nun etwas einfacher.
»Macht doch Spaß.«, sagte Emma. »Ich glaube, ein Hund ist genau das Richtige für mich. Der braucht auch kein Katzenklo.«
In diesem Moment hockte sich der Hund hin und machte einen riesig großen, stinkenden Haufen.
»Igitt!«, beschwerte sich Emma. »Das ist ja eklig. Lass uns schnell weiter gehen.«
Aber Mama schüttelte den Kopf und holte ein kleines Tütchen aus ihrer Tasche und hielt sie ihrer Tochter hin.
»Hundehaufen muss man aufheben und bis zum nächsten Mülleimer mit sich tragen.«
Emma bekam große, ungläubige Augen. »Ich soll das jetzt aufheben? Aber ich hab den Haufen doch gar nicht gemacht.«
Mama grinste. »Das gehört halt dazu, wenn man ein Haustier hat.«
»Puh!«, machte Emma. »Das ist ja anstrengender, als ich dachte.«
Gequält verpackte sie den Hundehaufen im Tütchen und brachte ihn mitsamt dem Erzeuger zurück zum Tierheim.
»Ich glaube, ich wünsche mir doch lieber ein neues Kuscheltier. Über ein echtes Tier möchte ich doch noch einmal in Ruhe nachdenken.«
(c) 2018, Marco Wittler
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