705. Die gestohlenen Klamotten

Die gestohlenen Klamotten

Frido wurde morgens viel zu früh wach. Er gähnte laut, lang und herzhaft, bevor er das erste Mal an diesem Tag seine Augen öffnete. Dann gähnte er ein zweites Mal. Erst dann stand er auf und schlurfte langsam in die Küche.
Während er die Kaffeemaschine vorbereitete sah er gelangweilt aus dem Fenster. Zuerst fiel ihm nichts auf, doch dann entdeckte er einen Artgenossen, der ihm seltsam vorkam.
»Hm, irgendwas stimmt mit dem da nicht. Wenn mir bloß einfallen würde, was es ist.«
Frido dachte nach und lief dabei mehrere Male im Kreis. Doch auch, nachdem der Kaffee bereits fertig war, hatte er keine Idee, was es war.
Er goss sich eine große Tasse des schwarzen Gebräus ein, nahm mehrere Schluck zu sich und blickte dabei wieder aus dem Fenster.
Plötzlich wusste er, was ihn störte.
»Verdammt. Dass mir das nicht sofort aufgefallen ist. Der Typ da draußen trägt meine Klamotten. Er hat meinen Frack an.«
Frido stellte die Tasse ab, zog sich einen Bademantel über und rannte nach draußen in die Kälte.
Als er vor seinem Artgenossen stand, stemmte er die Arme in die Seiten, setzte einen grimmigen Gesichtsausdruck auf und begann sofort zu meckern.
»Ey, was fällt dir eigentlich ein? Wie kannst du es wagen, in mein Haus einzubrechen und meinen Frack zu tragen? Der gehört mir allein.«
Der Angesprochene sah deutlich verwirrt aus und wusste wohl nicht, worum es überhaupt ging.
»Was ist denn mit dir nicht im Ordnung?«, fragte er. »Hast du schlecht geschlafen? Ich habe dir gar nichts gestohlen. Du musst mich verwechseln.«
»Verwechseln?«, war Frido nun richtig erbost. »Du trägst meinen Frack. Das ist ja wohl Beweis genug.«
Sein Gegenüber wirkte genervt.
»Pass mal auf, mein Freund und schau die um. Fällt dir nichts Merkwürdiges auf?«
Frido wurde plötzlich unsicher. Er blickte sich mehrmals im Kreis um, bis er es sah. Jeder andere hier draußen war im Frack gekleidet.
»Oh, du mein Güte.«, erschrak er. »Was geht denn hier Seltsames vor sich?«
»Liegt vielleicht daran, dass wir Pinguine sind und immer so aussehen, als hätten wir einen Frack an.«, bekam er als Antwort.
Frido errötete und sah vorsichtig unter seinem Bademantel nach. Tatsächlich sah er so aus, wie alle anderen. Er hatte einen Federfrack an.
»Tut mir leid. Ich hab vergessen, was wir sind.«
Dann schlich er sich zurück in sein Haus und legte sich für den Rest des Tages ins Bett.

(c) 2019, Marco Wittler

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