831. Hilferuf am Rastplatz

Hilferuf am Rastplatz

Falk hatte vier anstrengende Stunden hinter sich. Mit seinem großen LKW hatte er sich durch mehrere Staus gequält und freute sich nun auf seine wohl verdiente Pause, in der er sich etwas ausruhen konnte.
Falk lenkte sein Gefährt auf den nächsten Rastplatz, parkte ein und drehte den Motor
»Endlich. Ich kann kaum noch die Augen aufhalten.«
Er kurbelte eines der Fenster runter, zog die dunklen Vorhänge zu und verkroch sich in seine Schlafkabine, die sich direkt hinter seinem Fahrersitz befand. An Schlaf war allerdings nicht zu denken. Falk hörte nämlich immer wieder ein leises Stimmchen, das um Hilfe rief.
Falk hatte zunächst an eine Einbildung, später an einen verfrühten Traum gedacht. Aber dann siegte doch die Neugier und die Befürchtung, dass sich tatsächlich jemand in großer Gefahr befand.
Er verließ das Führerhaus seines LKW und sah sich um. Die Stimme war deutlich zu hören, aber niemand zu sehen.
»Wo steckst du?«, rief Falk. »Ist alles in Ordnung?«
»Ich bin hier drüben.«, antwortete die Stimme..
Falk lief zu den Mülltonnen, riss deren Deckel auf und sah hinein. Nichts. Er umrundete sie und sah auf dem Boden ein Goldfischglas, in dem ein aufgeregter Fisch hin und her schwamm.
»Endlich!«, war der Fisch erleichtert. »Endlich hat mich jemand gefunden. Ich stehe hier schon seit Stunden und rufe um Hilfe.«
Ein sprechender Fisch? Falk war überfordert. Damit hatte er nicht gerechnet. Im blieb jedes Wort im Hals stecken.
»Meine Familie ist heute Morgen in den Urlaub gefahren. Sie hatte keine Lust, sich weiter um mich zu kümmern oder mich mitzunehmen. Magst du mich vielleicht ein Stück mitnehmen? Ich würde auch allein zum nächsten Teich aufbrechen, aber mein Goldfischglas ist einfach zu schwer.«
Falk konnte es immer noch nicht glauben, was er gerade erlebte. Trotzdem griff er nach dem Glas, brachte es zu seinem LKW und stellte es auf den Beifahrersitz.
»Hey Kumpel, vielen Dank. Ich bin übrigens der Schorsch. Freut mich, dich kennenzulernen.«
Falk nickte, dachte ein paar Augenblicke nach und begann zu grinsen.
»Kein Ding. Hast du Lust, mit mir eine Weile durch die Gegend zu fahren? Ich bin sonst immer allein unterwegs und habe oft Langeweile. Ich würde mich freuen, jemanden an meiner Seite zu haben, mit dem ich quatschen kann.«
Der Fisch nickte, schnallte sein Glas an und lehnte sich gemütlich zurück.
»Dann gib mal Gas. Ich bin dabei.«

(c) 2020, Marco Wittler


Image by Michael Rühle from Pixabay

Unser Score
Klicke, um diesen Beitrag zu bewerten!
[Gesamt: 0 Durchschnitt: 0]

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*