952. Weihnachten auf See

Weihnachten auf See

Das Meer war aufgewühlt. Starke Winde peitschten die Wellen an. Kleine Schiffe lagen in sicheren Häfen, während die Großen dem Unwetter zu trotzen versuchten.
Zum diesjährigen Weihnachtsfest hatten sich die Seeleute etwas anderes erhofft. Aber nicht einmal an diesem besonderen Tag hatten sie Zeit, sich zu besinnen und unter Deck ein wenig zu feiern.
Wusch! Eine große Menge Wasser fegte über das Deck, packte Matrosen und wollte sie in die mörderische See spülen.
»Haltet euch fest!«, rief der Steuermann, der sich auf der Brücke mit einem Seil festgebunden hatte.
»Ich will, dass jeder noch an Bord ist, wenn wir Zuhause ankommen.«
Wenn! Das war der springende Punkt. Würden sie es überhaupt schaffen oder sollte das Meer zu ihrem Grab werden?
Die Arbeit an Deck zehrte an den Kräften der Männer und Frauen. Schon seit Stunden wünschten sie sich eine Pause. Es brauchte auch nur eine kleine sein.
Wusch! Die nächste Welle fegte über das Schiff hinweg, schnappte sich den Tannenbaum, der am Masten aufgestellt worden war und riss ihn mit sich in die Tiefen der See.
Geleuchtet hatte er eh nicht. Der Sturm hätte jeden Versuch, die Kerzen zu entzünden, zunichte gemacht.
Plötzlich flammte am Horizont ein Licht auf. Es war der Leuchtturm am Ufer des heimatlichen Hafens.
»Leute! Seht dort vorn! Wir haben es bald geschafft!«, rief der Steuermann gegen den Sturm.
Die Matrosen an Deck hielten kurz inne, sahen dem Licht entgegen. Ein feuchter Glanz trat in ihre Augen.
Im Ausguck auf dem Hauptmast stimmte jemand ein Weihnachtslied an. Schnell gesellten sich die anderen Frauen und Männer dazu. Hoffnung machte sich unter der Besatzung breit.
Sie würden es dieses Mal nach Hause schaffen. Sie würden den Sturm bezwingen und in den Hafen einlaufen. Diese Nacht sollten sie im Schoße ihrer Familien verbringen. Schließlich war heute Weihnachten. Da durften Wunder einfach mal geschehen.

(c) 2020, Marco Wittler


Bild: OpenClipart-Vectors /auf Pixabay

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