Driving Home For Christmas
Es war Heiligabend, als Papa nach einer langen Arbeitswoche wieder auf dem Weg nach Hause war. Passenderweise lief im Radio das Lied ‚Driving Home For Christmas‘ von Chris Rea.
»Ja, ich fahre jetzt auch nach Hause.«, sagte Papa zufrieden, der sich schon sehr darauf freute, mit seiner Familie die Feiertage verbringen zu können.
Er stimmte in das Lied mit ein und sang so laut, dass er wohl auch noch in den Fahrzeugen um sich herum zu hören war.
»Oh!«, sagte er erfreut, denn plötzlich fing es an zu schneien. »Jetzt wird es richtig weihnachtlich.«
Aus den vereinzelten Flocken entstand innerhalb weniger Minuten ein heftiges Schneetreiben. Starker Wind blies in immer stärkeren Böen mal von der einen, mal von der anderen Seite. Innerhalb kürzester Zeit lagen mehrere Zentimeter Schnee auf der Autobahn und hatten den grauen Asphalt komplett verschwinden lassen.
Ab der nächsten Steigung ging gar nichts mehr. Ein LKW schaffte es nicht bis nach ganz oben, rutschte zur Seite weg und blockierte damit alle Fahrspuren. Glücklicherweise passierte sonst nichts weiter. Unfälle blieben aus.
Papas Laune rutschte innerhalb eines Herzschlag hinunter bis in seine Sockenspitzen.
»Och nee. Wie soll ich denn jetzt noch pünktlich nach Hause kommen? Wenn ich Pech habe, kann ich hier die ganze Nacht lang stehen.«
Er dachte daran zurück, dass er schon oft im Radio von eben dieser Autobahn gehört hatte, die wegen des Winterwetters ganze Nächte lang gesperrt werden musste.
»Die Kinder werden mächtig enttäuscht sein.«
Papa lehnte sich zurück. Etwas anderes blieb ihm in dieser Situation auch nicht übrig. Er stellte das Radio ab, schloss sein Handy an und spielte erneut ‚Driving Home For Christmas‘.
»Jetzt erst recht!«
Er öffnete die Fenster. Eisige Kälte blies ihm ins Gesicht. Papa ignorierte es und sang, so laut er nur konnte.
»Ist ja gut.«, hörte er eine Stimme, die versuchte, ihn zu übertönen. »Ich habe dich gehört. Ich kümmere mich darum.«
Papa sah sich verwirrt um. Wer hatte ihn denn da angesprochen? Die anderen Fahrer hatten ihre Fenster geschlossen und starrten einfach mit leeren Blicken vor sich hin.
Eine Strickleiter entrollte sich von oben und endete direkt vor Papas Augen.
»Komm hoch, dann nehme ich dich mit.«
Ein Hubschrauber? Warum hatte er den denn nicht gehört?
Papa sah aus dem Fenster, wollte nicht glauben, was sich dort über ihm befand. Es war der Schlitten des Weihnachtsmanns, dessen Besitzer ihn zu sich hinauf winkte.
»Ist gut. Ich komme.«
Papa war völlig unsicher, konnte dem Angebot aber nicht widerstehen. Er schnappte sich seine Tasche und kletterte nach oben.
»Ich habe immer gedacht, dass es dich gar nicht gibt.«, sagte er mit hochrotem Kopf.
»Dafür, dass es mich nicht nicht, bin ich aber gut im Futter.«, sagte der Weihnachtsmann und klopfte sich lachend auf seinen dicken Bauch.
»Dann sehen wir mal zu, dass wir weiter kommen. Wir könnten es noch knapp schaffen.«
Die Rentiere zogen an, der Schlitten setzte sich in Bewegung und flog mit unglaublicher Geschwindigkeit zwischen den Wolken dahin. Eine knappe Stunde später stand Papa freudig strahlend vor der Haustür.
»Du hast es doch noch geschafft.«, war seine Frau glücklich, die auch die Staunachrichten verfolgt hatte.
»Ja.«, antwortete Papa grinsend. »Darf ich noch jemanden zum Essen mit rein bitten? Der Weihnachtsmann hat nämlich großen Hunger und braucht eine Pause, bevor er weiter fliegt.«
(c) 2020, Marco Wittler
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