Teddy Knopfbärs Reisebericht
Teil 1 – Ich bin da
Ich öffnete zum ersten Mal mein Auge und blickte mich um. Vor mir sah ich zwei Personen, die mich musterten. Es waren eine alte Frau mit weißen Haaren und ein kleiner Junge.
»Es tut mir wirklich leid.«, sagte die Frau. »Ich habe mein Nähkästchen drei Mal durchsucht, konnte aber kein Auge mehr finden. Ich konnte deinem Teddy nur eines annähen.«
Ich drehte langsam, kaum merklich den Kopf und erblickte drei weitere Kinder. Jedes von ihnen hatte einen Teddybären in der Hand. War ich etwa auch einer von ihnen? Ich wartete einen unbeobachteten Moment ab, bevor ich mich abtastete. Mein Körper war von dichtem Fell bedeckt. Tatsächlich. Ich war ein Teddy. Und wie es die Frau schon gesagt hatte, gab es in meinem Gesicht nur ein einziges Auge. Auf der rechten Seite fehlte eines.
»Ich bin mir sicher, dass wir Ersatz finden.«, sagte der Junge grinsend und durchwühlte einen Holzkasten, der neben mir stand. Nach wenigen Sekunden förderte er einen großen, orangen Knopf hervor. »Wir nehmen den hier.«
Moment! Ich war erschrak. Dieses dicke Ding wollte er mir verpassen? Unmöglich. Das würde schlimm aussehen. Doch bevor ich mich wehren konnte, griff die Alte, die der Junge Oma nannte, nach mir. Es wurde dunkel. Mir war, als würde ich einschlafen.
Als ich wieder zu mir kam, hatte sich alles verändert. Ich konnte viel besser sehen. Das Blickfeld von der einen zur anderen Seite hatte sich vergrößert. Vorsichtig tastete ich meinen Kopf ab. Da saß tatsächlich dieser riesige Knopf. Zuerst wollte ich ihn abreißen, merkte aber schnell, dass ich mit ihm wirklich gut sehen konnte.
»Na gut. Dann bin ich eben ein einzigartiger Bär mit einem Knopf im Gesicht.«, murmelte ich zu mir selbst.
Jemand griff nach mir. Der Junge war wieder da. Er drückte mich an sich, bevor er mich eingehend betrachtete. »Er ist perfekt. Genau so habe ich mir meinen Bären vorgestellt. Er ist mit dem Knopf richtig cool.«
Er überlegte kurz und nickte schließlich. »Du bist Teddy Knopfbär. Ab jetzt sind wir die besten Kumpel. Wir werden immer zusammen sein. Ich nehme dich überall mit hin. Ich freue mich jetzt schon auf unseren gemeinsamen Urlaub.«
Kumpel? Ich überlegte. Das klang gar nicht so schlecht. Ich hatte nämlich in meinem bisher so kurzen Leben noch keine Freunde gefunden.
»Ich bin dabei.«, murmelte ich leise. »Mein Kumpel. Und ich bin schon sehr gespannt, was ein Urlaub ist.«
(c) 2021, Marco Wittler
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