1067. Hoch hinaus (Teddy Knopfbärs Reiseberichte 09)

Teddy Knopfbärs Reiseberichte
Teil 09: Hoch hinaus

Der Marco war schon wieder in Urlaubsstimmung. Um seine geniale Idee vorzustellen, holte er uns, also mich und meinen Kumpel Woofy ins Wohnzimmer, setzte uns auf das Sofa und erzählte uns alles.
»Ich habe im Fernsehen einen Bericht verfolgt, in dem es um eine Reise mit einem Heißluftballon geht. Man reist ganz gemächlich durch die Luft und wird nur vom Wind angetrieben. Wohin es geht, liegt ganz an dessen Richtung. Man weiß es vorher nicht.«
Der Marco grinste breit und sah uns mit großen Augen an. »Was haltet ihr davon? Seid ihr dabei? Wollen wir uns einen Ballon mieten?«
Ich wollte kräftig mit dem Kopf schütteln. Mit einem Ballon in den Himmel steigen? War der verrückt geworden? Wir konnten mit so einem Ding jederzeit abstürzen. Aber irgendwie versagten meine nicht vorhandenen Muskeln. Ich blieb einfach nur still auf meinem Platz sitzen.
»Prima, Jungs. Dann rufe ich mal schnell an und mache einen Termin für uns aus.«
Schon zwei Tage später war es so weit. Wir standen auf einem Feld und sahen dabei zu, wie der Ballon mit heißer Luft gefüllt und immer praller wurde. Hätte ich schwitzen können, hätte ich in einer tiefen Pfütze gesessen.
»Gleich ist es so weit, Freunde. Ich freue mich schon.«
Ja, ich freute mich auch, allerdings auf den Moment, in dem ich diesem Ding, diesem Korb wieder entsteigen durfte.
Während wir noch warteten kam jemand auf dem nahen Fußweg an uns vorbei. Eine kleine Frau joggte schnellen Schrittes durch die Felder. Das allein war nicht sehr spektakulär. Jogger und Läufer gab es eine Menge. Aber auf ihrem Rücken hing ein Faultier aus Plüsch.
Das Faultier winkte mir langsam und müde zu. Ich winkte zitternd zurück und sah den Beiden nach, während sie sich wieder entfernten. Doch kurz bevor sie verschwanden, drehten sie um und kamen auf uns zu.
»Was wird das?«, fragte die Frau. »Wollt ihr wirklich mit dem Ballon fliegen?«
Der Marco sah sie begeistert an, nickte und bejahte. »Darauf freue ich mich schon eine ganze Weile.«
Die Läuferin zeigte zuerst auf mich, dann auf Woofy, der ängstlich neben mir lag.
»Ich glaube, deine Freunde haben an der Idee viel weniger Spaß. Sie zittern alle Beide am ganzen Leib. Du solltest sie nicht zu etwas zwingen, was sie nicht wollen. Ich weiß, wovon ich spreche. Mein Faultier und ich haben nämlich große Höhenangst.«
Nun sah der Marco das erste Mal richtig auf uns und sah das Zittern.
»Du meine Güte. Jungs, das tut mir wirklich richtig leid. Wenn ich nur vorher auf euch geachtet hätte. Wir sagen den Flug ab und bleiben am Boden. Wir können uns auch auf der Erde einen schönen Tag machen.«
Er entschuldigte sich beim Ballonfahrer, legte unsere Picknickdecke unter einen nahen Baum und verteilte unseren Proviant darauf.
»Nun, dann kann ich ja weiter laufen.«, sagte die Frau zufrieden. Jetzt wird meine Hilfe ja nicht mehr gebraucht.«
Marco wollte sie schon verabschieden, aber ich zwinkerte ihm mit meinem großen, orangen Knopf zu.
»Wenn ihr Zwei mögt, dürft ihr uns beim Picknick Gesellschaft leisten.«
Sie überlegte kurz und setzte sich dann zu uns. »Ich bin die Sabrina. Freut mich, eure Bekanntschaft zu machen.«
Sie zeigte auf ihren treuen Begleiter und stellte ihn uns vor, während sie ihn an einen Ast am Baum hängte. »Das ist Franz Faultier. Er leistet mir bei jedem Lauf Gesellschaft.«
Ich sah zu ihm hinauf. Langsam stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht.
»Der Ast ist hoch genug.«, sagte er in Zeitlupentempo. »Viel höher muss man seine Zeit nicht verbringen.«
Ich lachte. Da musste ich ihm voll und ganz zustimmen.
Und während wir alle unter dem Baum saßen, konnte ich ganz genau erkennen, dass der Marco die Sabrina verliebt angeblickt hat.

(c) 2021, Marco Wittler


Image by Debi Brady from Pixabay

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