1121. Lineal

Lineal

Ben saß im Kinderzimmer an seinem Schreibtisch und brütete über seinen Hausaufgaben, die ihm heute besonders schwer vielen. Mama hatte schon mehrere Versuche unternommen, ihm zu helfen, doch bisher hatte es einfach nicht funktioniert. Geometrie, ein Teil der Mathematik, mochte Ben einfach nicht. Er wollte Zahlen zusammen rechnen und keine Zeichnungen machen.
Irgendwann kam Mama wieder mal ins Kinderzimmer, um nach dem Rechten zu schauen. Sie warf einen kurzen Blick in das Arbeitsheft und schüttelte den Kopf.
»So wird das doch wieder nichts.«, sagte sie. »Wenn du die Linien die ganze Zeit mit der Hand zeichnest, wird alles krumm und schief und das Ergebnis stimmt dann nicht. Du solltest endlich mal das Lineal benutzen, wie ich es dir schon ein paar Mal gesagt habe.«
Ben blickte von seinen Aufgaben hoch. »Ehrlich? Ich darf das Lineal benutzen?«
Während Mama nickte, grinste er von einem Ohr zum anderen. »Ich komme nachher wieder und schaue mir an, ob du ordentlich gezeichnet hast.
Sie verließ das Kinderzimmer, setzte sich auf das Sofa und trank gemütlich ihren Kaffee. Erst dann sah sie wieder nach dem Rechten.
Mama öffnete die Tür und glaubte nicht, was sie dort sah. Ben hatte seine Geometrieaufgaben zur Seite geräumt und das Lineal auf einer Seite auf ein Buch gelegt. Über diese kleine Schanze ließ er nun ein Spielzeugauto nach dem anderen springen und in den Abgrund hinter dem Schreibtisch fallen.
Nun war es Mama, die grinste. Leise schloss sie die Tür wieder. Nach diesen schweren Aufgaben hatte er sich eine Pause mehr als verdient.

(c) 2021, Marco Wittler


Image by OpenClipart-Vectors from Pixabay

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