1332. Flaschenpostbote Knut und die große Bestellung

Flaschenpostbote Knut und die große Bestellung

Flaschenpostbote Knut fluchte laut. Immer wieder stieß er lauthals die schlimmsten Schimpfwörter aus, die er kannte oder erfand einfach ganz neue. Während der alte Meermann seinem Frust und Ärger Luft machte, hielten sich seine beiden Kollegen und Begleiter, der Seestern Enno und der Krake Fiete deutlich zurück. Das lag vor allem auch daran, dass Fiete mit seinen acht Tentakelarmen viel besser und einfach zupacken konnte und Enno auf Knuts Brust nur zur seelischen Unterstützung beitragen musste.
»Warum bin ich eigentlich Flaschenpostbote geworden? Kann mir das eigentlich irgendwer erklären? Warum schleppen wir dieses riesige Paket durch das Meer? Dafür sollte dringend jemand einen Paketdienst erfinden. Wir sind einfach nicht dafür gemacht.«
Er stöhnte laut, er stöhnte leise. Immer wieder seufzte er mitleiderregend. Ausliefern mussten sie die große Fracht trotzdem.
Sie durchquerten die Seetangwälder und Seegraswiesen, sie überwanden den Tiefseegraben und die Korallenriffe, bis sie das Ufer einer kleinen Palmeninsel erreichten. Hier sollte sich der Empfänger der schweren Fracht befinden. Mit letzter Kraft zog sie das Paket auf einen mit Muscheln übersäten Strand und ließen sich erschöpft daneben in den warmen Sand fallen.
»Geschafft.« Knut war erledigt. »Es war anstrengend, es war beschwerlich, aber wir haben es geschafft. Wir sind ein gutes Team.«
Zu gern hätte er jetzt eine Runde geschlafen, doch da schob sich ein Schatten über sein Gesicht.
»Ihr seid da!« Knut blickte in das begeisterte Gesicht eines alten Piraten, in dessen Haut die Sonne tiefe Falten gegraben hatte. Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete er das Paket und holte eine alte, hölzerne Schatztruhe daraus hervor.
»Was? Wir haben eine Kiste in einer Kiste transportieren? Wie verrückt ist das denn?« Knut verstand die Welt nicht mehr.
»Nein, nein.«, antwortete der Pirat lachend. Das ist nicht einfach nur eine Kiste. Das ist eine Piratenschatzkiste. Außerdem steckt darin das Schönste und Wertvollste, das ich mir vorstellen kann.«
Der Pirat steckte einen Schlüssel in das Schloss der Kiste und öffnete sie.
»Muscheln? Du hast uns Muscheln hierher bringen lassen?« Knut war außer sich vor Wut. In ihm kochte sein Blut hoch. Sein Kopf lief rot an. »Sind hier nicht schon genug Muscheln am Strand? Wofür brauchst du denn noch mehr?«
Der Pirat zuckte mit den Schultern. »Weil Muscheln einfach toll sind. Man kann nie genug Muscheln haben. Ein Strand sieht mit ihnen einfach schöner aus.« Schon kippte er die Kiste aus und verteilte die Muscheln.
Knut seufzte und nickte. Der Pirat hatte Recht. Es sah jetzt noch sehr viel schöner aus.

(c) 2022, Marco Wittler

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