1356. Captain Fine rettet die Welt

Captain Fine rettet die Welt

Still und friedlich lag sie auf dem schwarzen, samtenen Stoff, durch den scheinbar jemand mit einer feinen Nadel Löcher gestochen hatte. Die Erde hing mitten im Weltall vor dem unendlichen Sternenmeer und zog ihre Bahnen um die Sonne. An Frieden dachten aber auch nur die Bewohner dieses abgelegenen Planeten. Sie wussten nicht, was sich ihnen unbemerkt näherte.
Aus den Tiefen des Universums kam mit hoher Geschwindigkeit ein Felsbrocken unvorstellbarer Größe auf die blaue Kugel zu. Mit einem Teleskop hätte man ihn vielleicht entdecken können. Da er aber aus Richtung der Sonne kam, konnte man ihn am Nachthimmel nicht sehen. Die Menschheit wusste also nichts von ihrem Schicksal.
»Wir sind klar zum Start.«, erklang es aus dem Lautsprecher im Cockpit eines neuartigen Raumschiffs, dessen Antrieb alles in den Schatten stellte, was es bisher gegeben hatte. Mit ihm würde man nicht in mehreren Tagen, sondern in wenigen Stunden den Mond erreichen können.
»Ich starte jetzt die Triebwerke und lasse sie warm laufen.«, bestätigte Captain Fine den Funkspruch. Sie schaltete alle Systeme ein.
Unter ihrem Sitz begann das Raumschiff merklich zu vibrieren. Gewaltige Kräfte wurden entfesselt. In wenigen Augenblicken, würde die kleine Mannschaft gegen die Schwerkraft ankämpfen und die Erde verlassen. Der Countdown näherte sich seinem Ende.
»Fünf, vier, drei, zwei, eins, null.«
Fine drückte mehrere Knöpfte gleichzeitig. Hatte sie sich noch im Training gewundert, dass man altmodische Knöpfe im Cockpit eingebaut hatte, statt modernen Touchdisplays, wurde ihr nun bewusst, dass Knöpfe für die dicken Handschuhe des Raumanzugs vorteilhafter waren. Das Schiff hob ab und strebte dem Vakuum des Weltalls entgegen. Wenige Minuten später verließ es bereits die obersten Schichten der Atmosphäre.
Plötzlich flammten rote Lichter auf. Eine Warnmeldung ließ die Mannschaft aufschrecken.
»Was geht hier vor?« Captain Fine wurde hektisch und sah von einem Bildschirm zum nächsten. Auf einem wurde ein großer Felsbrocken dargestellt. Sie funkte sofort zur Erde.
»Flugleitung, da kommt was Großes auf euch zu. Sieht gar nicht gut aus. Ich schicke euch meine Sensorenauswertung. Wenn mein Computer richtig liegt, bleiben der Erde nur noch wenige Stunden, bis es knallt.«
Der Kopf von Captain Fine drehte sich im Kreis. Sie dachte angestrengt nach. Sie und ihre Mannschaft waren die einzigen, die jetzt noch die Menschheit retten konnten. »Wir kümmern uns darum. Ich weiß noch nicht wie, aber wir lassen uns da etwas einfallen.«
Fine änderte den Kurs, schaltete Zusatztriebwerke ein und beschleunigte weiter. Es kam jetzt auf jede Minute an. Entweder musste der große Felsbrocken abgelenkt oder zerstört werden.
Ein Funkspruch kam herein. »Captain Fine, die Rettungsoperation muss verschoben werden. Es gehen erstmal andere Dinge vor.«
Fine stutzte und legte die Stirn in Falten. »Was kann denn bitteschön wichtiger sein, als die Welt vor dem Untergang zu retten?« Sie hielt weiter auf den Felsbrocken zu.
»Captain Fine, das ist die letzte Aufforderung. Deine Mission wird verschoben, du musst noch deine Hausaufgaben machen.«
Fine seufzte. Sie legte Ihr Raumschiffsmodell aus der einen und den dicken Stein aus der anderen Hand ab. »Du kommst immer im spannendsten Moment, Papa. Das ist so gemein. Ich muss doch noch die Erde retten.«
»Die Erde wird auf dich warten. Da bin ich mir ganz sicher.«
Fine stand auf und ging zum Haus. Kurz bevor sie durch die Tür trat, blickte sie ein letztes Mal zum Himmel hinauf. »Eines Tages werde ich mit einem Raumschiff ins All fliegen. Dann werde ich Welt retten. Das schwöre ich.«

(c) 2022, Marco Wittler

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