1362. Einsatztruppe vorwärts Marsch

Einsatztruppe vorwärts Marsch

Es war eine ruhige, stille Nacht. Am Firmament glitzerten unzählige Sterne. Nur das Zirpen der Grillen war zu hören. Die Menschen lagen schon seit Stunden in ihren Betten und schliefen.
Alle Menschen? Nein. Einer schaltete gerade den Fernseher aus. Doch statt nun auch unter seine warme Decke zu kriechen, wollte er noch etwas erleben. Er zog sich eine dicke Ledermontur und schwere Stiefel an. Auf den Kopf setzte er einen Helm. Er verließ der Haus, öffnete seine Garage und schob eine schwere Maschine auf die Straße. Durch deinen kleinen Knopfdruck startete er sie. Das Motorrad ließ seinen lauten, röhrenden Motor erklingen, der noch in weiter Ferne zu hören war.
Die direkten Nachbarn fielen beinahe aus dem Bett. An Schlaf war nun nicht mehr zu denken. Bevor sich der Fahrer mit seiner Maschine auf den Weg machen würde, vergingen meist ein paar Minuten, in denen er seinen Lärm in vollen Zügen genoss. So geschah es immer wieder.
»Und damit ist jetzt endlich Schluss.«, brüllte der Kommandant seiner Truppe entgegen, die im Einsatzraum zusammengekommen war. Nicht nur er, auch seine Leute sahen übermüdet aus, hatten rote Augen. Sie waren mal wieder aus ihren Betten gefallen. »Es kann nicht sein, dass dieser Typ in fast jeder Nacht die Nachbarschaft weckt. Wir müssen etwas gegen den Lärm unternehmen und das Motorrad stilllegen.«
Breite Zustimmung schallte ihm entgegen. Die Leute des Kommandanten wollten endlich wieder richtig schlafen. »Dann ist es entschieden. Wir nehmen die nötige Ausrüstung mit und machen das Ding unschädlich.« Sie packten Werkzeuge und Taschenlampen ein und machten sich auf den Weg. Nur wenige Minuten später krabbelte eine Truppe Feldhamster aus einem Loch in einer nahen Wiese.
Die kleine Gruppe lief schnell über die Straße. Sie verteilten sich in der Garage des Nachbarn und versteckten sich. Sie warteten auf die Rückkehr des Motorrads, was eine halbe Stunde später geschah.
Kaum hatte sich das schwere Tor geschlossen, kamen sie aus den Schatten. Ein Hamster ging voraus, hielt die Taschenlampe in den Pfoten und wies den anderen den Weg. Sie kletterten in den Auspuff, arbeiteten sich Zentimeter für Zentimeter vorwärts und lösten Schrauben. Doch das eigentliche Ziel waren das Getriebe und der Motor. Diese sollten so stark beschädigt werden, dass sie nicht wieder repariert werden konnten.
Plötzlich wurde es dunkel. »Was ist passiert?«, rief der Kommandant.
»Ich bin mit der Taschenlampe hängengeblieben.«, entschuldigte sich der Hamster, der ganz vorn stand. »Der Verschlussdeckel hat sich gelöst.« Nur Sekunden später konnte die Truppe hören, wie die Batterien an ihnen vorbei rollten und in der Garage verschwanden.
Der Kommandant seufzte. Der Einsatz war gescheitert. »Wir brechen ab und kehren in die Zentrale zurück. Wir müssen an einem neuen Plan arbeiten.« Mit gesenkten Häuptern schlichen sie zurück in ihre unterirdischen Höhlen.
Am nächsten Tag wurde das Motorrad erneut auf die Straße geschoben. Ein Druck auf den Knopf ließ den Motor anspringen. Die Hamster, die gerade in der Wiese nach Frühstück suchten, hielten sich die Ohren zu, während sie zur Lärmquelle hinüber blickten.
Plötzlich gab es einen lauten Knall. Flammen kamen aus dem Auspuff, der Motor begann zu rauchen, das Getriebe zerlegte sich selbst in seine Einzelteile. Der Lärm erstarb. Das Motorrad ging aus.
»Verdammter Mist!«, rief der Mensch erbost, nahm seinen Helm vom Kopf und knallte ihn auf den Boden.
Er lief mehrfach um seinen Krachmacher herum, bis er etwas fand, das halb aus dem Auspuff heraus hing. »Was zum Henker ist das denn?« Da ahnte er bereits, dass er die Ursache der Zerstörung gefunden hatte.
»Krass!«, sagte der Kommandant. »Schaut euch das an. Das ist der Deckel unserer Taschenlampe. Er hat das Motorrad zerstört. Wir haben gewonnen.« Großer Jubel ging durch die Wiese, dem sich auch so manch menschlicher Nachbar heimlich anschloss.

(c) 2022, Marco Wittler

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