1412. Captain Ulli und der Zorn des Grunz

Captain Ulli und der Zorn des Grunz

Der Weltraum, unendliche Weiten. Während über der Oberfläche eine recht unbedeutenden Planeten eine riesige Raumschlacht tobte, glitt das Raumschiff Enterschwein möglichst weit davon entfernt durch das All. Captain Ulli war froh, dass sein Schiff, seine Mannschaft und vor allem er selbst nicht an diesen schrecklichen Kampfhandlungen teilnehmen mussten. Er hielt Krieg für absolut sinnlos. Es starben dabei unzählige unschuldige Schweine und Fremdwesen. Dazu kam dann noch die Verschwendung von Raumschiffen, die eine Menge Geld gekostet hatten. Nein, da war es freilich besser, unbekannte Ecken der Galaxis zu erforschen und sich den Hintern auf dem Kommandosessel platt sitzen zu dürfen.
Ulli lehnte sich gemütlich zurück, griff nach seiner großen Tasse und genoss einen fast ebenso großen Schluck Kakao. Den mochte er besonders gern. Nur hin und wieder gönnte er dem riesigen Bildschirm an der gegenüberliegenden Wand einen Blick. Die wahnsinnig großen Entfernungen im Weltraum brachten es mit sich, dass zwischen den Sonnensystemen relativ wenig los war. Er herrschte geradezu gähnende Leere.
»Ist das nicht ein wirklich wundervoller Tag?«, fragte Captain Ulli in die Runde und sah von einem Schwein zum nächsten. Die Zustimmung in ihren Augen glühte ihm förmlich entgegen. Seine Mannschaft war auch froh darüber nicht zu viel zu tun zu haben. »Wenn ich daran denke, dass andere Raumschiffbesatzungen in diesem Moment wild um sich schießen, um ihr Leben kämpfen oder von übermächtigen Gegnern bedroht werden. Da ist es doch schön, dass es bei uns langweilig ist und es uns nichts ausmacht.« Doch genau in diesem Moment meldete sich das Kommunikationsschwein hinter Ulli.
»Captain, ich empfange gerade eine Nachricht. Jemand wünscht sie zu sprechen.« Es gab eine kurze Pause. »Captain, es ist der berüchtigte Grunz!«
Die Schweine auf der Raumschiffsbrücke hielten den Atem an. Der Grunz. Er war einer der gefährlichsten und gefürchtetsten Eber, die die Galaxie jemals erlebt hatte. Niemand hatte je ein Treffen mit ihm überlebt oder war als Sieger hervorgegangen – außer Ulli.
Der Captain schlug mit der Faust auf die breite Armlehne. »Der Grunz. Verdammt. Mein Erzfeind. Wie konnte er nur aus der Strafkolonie entwischen? Er wird nicht eher Ruhe geben, bis ich ihn erneut vor Gericht stelle oder er mich zur Strecke bringt.«
»Was machen wir jetzt, Captain?«
Ulli musste nicht lange nachdenken. In dieser Situation mussten schnelle Entscheidungen getroffen werden. »Auf den Schirm mit den Verbrecher.«
Die Sterne aus dem großen Bildschirm verschwanden. Stattdessen tauchte eine übergroße, blassrosa Schweinsnase auf, die sich so nah an der Kamera zu befinden schien, dass der Rest des Gesichts nicht zu sehen war.
»So sehen wir uns also wieder.« Der Grunz nuschelte hasserfüllt in sein Mikrofon. »Endlich habe ich dich gefunden, Captain Ulli. Jetzt ist der Augenblick der Rache gekommen. Ich puste dich mitsamt deinem Schiff aus dem All. Wenn ich erst mit dir fertig bin, bleibt von euch nur noch eine langsam verglühende Staubwolke übrig.«
Panisch sahen sich die Schweine auf der Brücke um. Jedes einzelne von ihnen wäre jetzt nur zu gern zu den Rettungskapseln geflohen, um sich vor dem sicheren Tod zu retten.
»Du kannst mir nichts.« Ullis Blick war gelassen. Es schien sogar, als würde er lächeln. Hatte der Captain etwa noch ein Ass im Ärmel? »Ich habe dich schon einmal besiegt und hinter Gittern gebracht. Ich werde es auch dieses Mal mit einem Fingerschnippen erledigen.« Ulli warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Das erledige ich noch vor dem Mittagsessen.«
Der Grunz lachte laut. »Dazu müsstest du mich aber erst finden. Mein Schiff ist getarnt. Es fliegt unsichtbar durch das All. Ich kann dein Schiff abschießen, ohne dass du bemerkst, aus welcher Richtung ich angreife. Einfach so. Du hast keine Chance. Die Besatzung der Enterschwein ist so gut wie tot und das Schiff zerstört.«
Nun bekam die Mannschaft doch Panik. Die Schweine sprangen von ihren Plätzen auf, rannten wild durcheinander, stießen gegeneinander, fielen um und standen wieder auf.
»Ruhe jetzt hier.«, rief Ulli. »Jeder setzt sich auf seinen Platz. Wenn ihr durchdreht, geht die Sache auf keinen Fall gut aus. Ich will nicht, dass sich in dem Durcheinander jemand einen Zahn ausschlägt oder sich Arme und Beine prellt. Das muss doch nicht sein.«
Widerwillig setzten sich die Mannschaftsmitglieder zitternd auf ihre Plätze. Erst dann hob Ulli sein Handy, dass er bis jetzt gut versteckt gehalten hatte, hoch an seine Nase und begann laut zu lachen. Das Lachen wiederum hallte vom großen Bildschirm zurück. Der Grunz war die ganze Zeit nicht echt gewesen. Ulli hatte sich mit den anderen Schweinen einen ziemlich schlechten Scherz erlaubt. Entsprechend sauer blickten sie ihn nun an.
»Kann ich doch nicht wissen, dass ihr keinen Spaß versteht. Dann höre ich halt mit meinen Witzen auf und wir fliegen in Zukunft nur noch gelangweilt durch das All.«
Captain Ulli wurde rot im Gesicht. Schnell griff er nach seiner Kakaotasse und versuchte sich dahinter zu verstecken.

(c) 2022, Marco Wittler

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