1464. Futtersuche

Futtersuche

Es war still im Wald geworden. Die meisten Tiere hatten sich zum Schlafen in ihre sicheren Quartiere verkrochen, um nicht von einem Fressfeind überrascht zu werden. Lediglich ein paar wenige Insekten und eine alte Eule waren noch wach und ließen in regelmäßigen Abständen ihre Rufe hören.
Doch irgendwann wurde diese Ruhe jäh gestört. Laute Geräusche kamen schnell näher. Mit jedem Schritt rissen kräftige Klauen unbarmherzig den Boden auf. Lautes Grunzen ließ sofort erahnen, wer sich da einen Weg durch das Unterholz bahnte.
»Beeilt euch mal, Leute. Wir haben noch ein gutes Stück Weg vor uns.« Ein stattlicher Keiler mit langen, spitzen Zähnen trieb die Wildschweinrotte immer wieder an. »Mir knurrt langsam der Magen. Ich möchte das Maisfeld auffuttern und vor dem Morgengrauen wieder verschwunden sein, bevor uns der Bauer erwischt. Ich möchte meinen Graupelz nämlich noch eine Weile behalten.«
Sie hatten den Waldrand erreicht. Ohne lange zu überlegen, brachen sie aus der Deckung hervor und stürmten auf das nahe Feld zu. Nur noch wenige Meter trennten sie von einem köstlichen Nachtmal, als sie von jemandem aufgehalten wurden.
Direkt vor den ersten Maispflanzen saß ein dicker Frosch und streckte den Wildschweinen eine Hand wie ein Verkehrspolizist entgegen.
Der große Keiler stoppte irritiert, nahm den Frosch genau unter die Lupe und begann laut zu lachen. »Du kleiner Krümel glaubst wirklich, dass du uns aufhalten kannst? Ich pack dich hinter mein Ohr und nehme dich als Nachspeise.«
Der Keiler wollte zugreifen, doch in diesem Moment öffnete der Frosch sein Maul und rülpste so laut er nur konnte. Erschrocken und angeekelt wich das Schwein mehrere Schritte zurück.
»Alter. »Was stimmt denn mit dir nicht? Was hast du nur gefressen, dass du so aus dem Maul stinkst? Man bekommt das Gefühl als würde ein totes Tier in dir verwesen.«
Der Keiler wollte einen Bogen um den Frosch machen. Doch dieser rülpste einfach ein zweites Mal. Eine grünliche Wolke stieg empor und stieg dem Schwein in die Nase.
»Verdammt! Lass das. Kannst du dir vorstellen, wie heftig das in der Nase zwiebelt?«
Der Keiler drehte sich zur Rotte um. »Vergesst das Nachtmal. Der Stinker lässt uns nicht vorbei. Wir gehen zurück in den Wald und suchen Eicheln vom letzten Jahr. Die werden uns schon irgendwie satt machen.«
Die Wildschweine machten kehrt und verschwanden in der Dunkelheit. Der laut rülpsende Frosch verfolgte sie noch eine Weile, bis er sich sicher war, dass er sie erfolgreich vertrieben hatte.

(c) 2023, Marco Wittler

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