Paul sprach, es werde Licht
Schon früh am Morgen war Paul aus den Federn gekrochen. Während die Nacht noch über der Stadt lag, hatte er sich ein deftiges Frühstück gegönnt, einen großen Pott Kaffee gekocht und alles in seine Frühstücksbox gepackt.
»Wer hart arbeitet, hat auch ein gutes, großes Frühstück verdient.«
Vergnügt stieg er in seinen Lieferwagen und machte sich auf den Weg zum Baumarkt. Der heutige Kunde wartete schon darauf, dass Handwerker Paul das neue Wohnzimmer aufbauen würde. Doch dazu fehlten noch ein paar Kleinigkeiten.
»Ich darf auf keinen Fall die richtigen Schrauben vergessen. Hoffentlich habe ich alles auf meiner Liste stehen.«
Paul fuhr auf den Parkplatz des Baumarkts. Gerade wurden die Eingangstüren geöffnet. »Perfektes Timing.« Zielgenau lief er durch die einzelnen Gänge und packte sich seinen Einkaufswagen voll. Dabei überflog er immer wieder den handgeschriebenen Einkaufszettel. Nach und nach konnte er die einzelnen Punkte streichen. »Jetzt nur noch bezahlen und dann geht es schon weiter.«
Paul war schnell an der Kasse vorbei und brachte nun den Einkauf zum Wagen. Während er über den Parkplatz ging, stutzte er. Irgendwas stimmte da nicht. Er sah sich verwundert um und konnte dies nicht in Worte fassen. Doch dann fiel es ihm auf. »Warum ist es immer noch dunkel? Die Sonne sollte schon längst aufgegangen sein.« Tatsächlich hingen aber immer noch der Mond und die Sterne über dem Baumarkt. »Da stimmt doch etwas nicht.«
Paul holte die Leiter aus seinem Wagen und kletterte darüber auf dessen Dach. »Hey Mond, warum bist du nicht schon längst verschwunden? Du hast Feierabend und solltest der Sonne Platz machen.«
Der Mond blickte müde zur Erde hinab, nickte und seufzte. »Ja, ich weiß. Aber ich kann meinen nächtlichen Weg über das Firmament nicht fortsetzen. Die Wolken am Horizont sind mir im Weg.« Er hielt sich die Hände links und rechts an seine Mundwinkel und begann zu flüstern. »Sag es nicht weiter. Ich habe Angst vor Wasser. In den Wolken werde ich aber bestimmt nass. Ich traue mich nicht, nach Hause zu gehen.«
Paul blickte in die Ferne, entdeckte die Wolken und nickte. »Ich werde es für mich behalten und mich um dein Problem kümmern.«
Schnell lief Paul zurück in den Baumarkt, besorgte sich eine Angel und setzte sich wieder auf das Dach des Lieferwagens. Er ließ den Angelhaken durch die Luft sausen, fing eine Wolke ein und zog sie sanft zur Seite, bevor er sich die anderen schnappte. Nach ein paar Minuten war der Horizont wieder frei. Der freudig lächelnde Mond bedankte sich und verschwand. Wenige Minuten später ging die Sonne auf.
(c) 2023, Marco Wittler
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