183. Im Zeltlager

Im Zeltlager

Dunkelheit hatte sich über das Land gelegt. Dichte Wolken zogen über den Himmel und ließen kein Licht zum Boden gelangen. Alle Bäumen des Waldes schienen den Atem anzuhalten. Kein Windhauch raschelte an ihren Blättern entlang. Die Grillen waren verstummt. Es war totenstill.
Inmitten dieser Einsamkeit standen ein paar kleine Zelte auf einer Lichtung. Zwischen ihnen loderte ein Lagerfeuer. Sein Knistern war das einzige Geräusch weit und breit.
»Findet ihr nicht, dass es plötzlich auffällig still geworden ist?«, fragte Erik seine beiden Freunde.
Daniel und Tim sahen sich ängstlich um.
»Meinst du etwa, es gibt Geister hier im Wald? Hoffentlich bleiben die, wo sie sind.«
Schon bereuten sie ihren Entschluss, mit zum Zeltlager gefahren zu sein. Wenn doch nur der Gruppenleiter wieder auftauchen würde. Er wollte doch nur ganz kurz ins Zelt gehen, um sich etwas Orangensaft zu besorgen. Die drei Jungen hatten das Gefühl, dass das schon vor einigen Stunden gewesen war.
»Wenn er jetzt nicht bald kommt, siehst du nach, was passiert ist.«, sagte Erik zu Tim.
»Warum muss ich denn nachsehen. Ich lasse mir doch nichts von dir befehlen.«, entgegnete dieser.
Daniel sah tief in den Wald hinein und tat so, als hätte er die beiden nicht gehört. Angst hatten sie alle drei. Aufstehen wollte keiner von ihnen.
»Dann gehen wir halt alle drei, wenn es sein muss. Ihr sollt euch ja nicht in die Hosen machen, wenn ich in den Zelten nachschaue.«, konterte nun Erik wieder.
Plötzlich knackte es im Wald. Irgendetwas war ganz in der Nähe.
»Was ist das?« Daniel wäre nur zu gern aufgesprungen und hätte sich unter einem Haufen Blätter versteckt. Doch selbst das war ihm jetzt zu gefährlich geworden.
»Hier am Feuer sind wir doch sicher.«, sprach er mit zittriger Stimme.
»Geister, Gespenster und wilde Tiere fürchten sich doch davor. Oder etwa nicht?«
Seine Freunde sagten nichts mehr. Sie hielten sich an den Händen und erwarteten das Schlimmste. War es ein Vampir oder sogar noch eine schlimmere Kreatur, die auf sie wartete?
Wieder knackte es, dieses Mal ein paar Meter weiter rechts. Die drei Jungen zuckten sofort zusammen. Sie sprangen auf, schrien und liefen auf eines der Zelte zu. Sie sahen sich nicht um, obwohl sie schwere Schritte hinter sich hörten.
Kurz bevor sie ihr rettendes Ziel erreicht hatten, wurden sie an den Armen gepackt und gehalten.
»Bitte friss uns nicht auf. Wir sind doch nur unschuldige Kinder.«, riefen sie in ihrer Verzweiflung.
»Warum sollte ich euch den fressen wollen?«
Es war der Gruppenleiter, der hinter ihnen stand. Er wunderte sich sehr, was in die drei Jungen gefahren war.
»Ach, ich verstehe. Ich habt gehört, wie ich durch den Wald gelaufen bin. Das hat euch bestimmt erschreckt.«
Er kratzte sich am Kopf.
»Ich hab euch doch gesagt, dass ich im Dorf noch eine Flasche Saft kaufen gehe.«
Nun war auch geklärt, warum das alles so lange gedauert hatte.
Erik und seine Freunde waren erleichtert und konnten schon wieder etwas lächeln. Doch dann knackte es erneut im Wald.

(c) 2009, Marco Wittler

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