248. Aufregung im Teddyland

Aufregung im Teddyland

Im Teddyland war jeder aufgeregt. Schon seit Monaten bereitete man sich auf diesen Tag vor, und nun war er endlich da. Ein großes, rotes Kreuz markierte ihn im Kalender. Heute jährte es sich zum hundertsten Mal der Friedensvertrag mit den Kasperlepuppen aus dem Nachbarland.
Überall auf den Straßen standen Bären beieinander und erzählten sich die Legenden über den großen Teddykrieger, der den schrecklichen Krieg zwischen den beiden Völkern beendet hatte.
»Er konnte es mit zwanzig Kasperle auf einmal aufnehmen.«, tönte es von der einen Seite.
»Mit einem großen Holzstock fegte er die Feinde vom Schlachtfeld.«, kam es von der anderen Seite.
Man war sich einig, dass es vorher nie einen so großen Helden gegeben hatte und es würde auch bestimmt nie wieder einen wie ihn geben.
»Er war von großer und stattlicher Figur. Auf dem Rücken hing sein gefährlicher Holzstock und in seinem Lederbeutel verbargen sich unzählige Geheimnisse.«
Überall lauschten die kleinen Teddybärenkinder den Erzählungen. Mit großen Augen und offenen Ohren ließen sie sich beschreiben, woran man den Krieger erkennen konnte.
»Auf seinem weißen Wams trägt er einen aufrecht stehenden schwarzen Bären mit einer großen goldenen Krone darüber. Das ist das Wappen seiner Heimat.«
Doch wo war dieser Held eigentlich? Das war die große Frage, die jeder im Kopf hatte. Nur die Ältesten im Land konnten sie beantworten.
Nach Ende des Krieges zog er fort. Er wollte in der Fremde anderen Völkern den Frieden bringen. Aber niemand wusste, was aus ihm geworden war.
Während munter weiter geredet und geschwärmt wurde, trat ein fremder Bär zwischen die Bewohner der Hauptstadt. Von seinem Körper hingen alte, staubige Lumpen herab. Er war ein Bettler und schien auf ein paar wohltätige Spenden zu hoffen.
Zuerst schienen die Teddys großzügig zu sein, doch als sie sahen, wer mit dem Bettler in die Stadt gekommen war, schreckten sie zurück.
Aus seinem Schatten trat ein Kasperle hervor. Er war ähnlich schäbig gekleidet und seinem dürren Körper war der Hunger anzusehen.
»Habt etwas Mitleid mit zwei alten Kriegssoldaten, die es nicht geschafft haben, im Frieden ein neues Leben zu finden.«
Verächtlich sah man auf die beiden herab. Der Frieden mit den Kasperles war sehr wichtig gewesen. Aber noch immer wollte man mit diesen Gesellen nichts zu tun haben.
Nur eine einzige Frau war anderer Meinung. Sie brachte den beiden eine Schale mit warmem Essen.
Als dies die anderen Leute sahen, wurde sie sauer und begannen zu schimpfen.
»Wie kannst du es wagen Frau, einem Kasperle zu essen zu geben? Schämst du dich denn nicht?«
In diesem Moment fielen den beiden Bettlern die Lumpen von den Leibern. Darunter kamen edle Ritterrüstungen und Wamse zum Vorschein. Auf der Brust der beiden prangte das Wappen, das alle in der Stadt so sehr verehrten.
»Schämen sollten wir uns.«, sagte der Teddykrieger.
»Mein Freund und ich haben unseren beiden Völkern den Frieden gebracht und trotzdem hat sich in der langen Zeit nichts verändert. Nur diese gute Frau hat verstanden, was wahrer Frieden ist. Ihr hingegen lebt noch immer in der Vergangenheit des Krieges. Ihr habt noch sehr viel zu lernen.«
Die Bären verstummten. Es war ihnen klar geworden, wie schlecht sie sich benommen und den Frieden eigentlich gar nicht verdient hatten.
»Mein Freund und ich werden euch nun wieder verlassen. Aber eines Tages kehren wir zu euch zurück. Wir hoffen, dass ihr bis dahin friedlicher und freundlicher geworden seit.«
Der Teddykrieger und sein Freund drehten sich ohne ein weiteres Wort um und verschwanden im nahen Wald. Ihre Reise würde sie heute noch in das Kasperleland führen. Auch dort wollten sie testen, ob sich die Bewohner geändert hatten.

(c) 2009, Marco Wittler

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