Die Zahnfee und der Zahnkobold
Nach einer langen, stressigen Arbeitsnacht kam die Zahnfee endlich nach Hause. Sie hatte in den letzten Stunden viele Zähne unter Kopfkissen gefunden, sie in ihrem Rucksack verstaut und dafür goldene Taler verschenkt.
Jetzt wurde es Zeit für einen erholsamen Schönheitsschlaf in ihrem großen Bett unter einer federweichen, warmen Decke.
Laut gähnte sie, streckte die Arme von der einen zur anderen Seite und wollte sie schon auf die Matratze legen, als ihr etwas Wichtiges einfiel.
»So geht das aber nicht, kleine Zahnfee.«, ermahnte sie sich selbst. »Vor dem Schlafen werden noch die Zähne geputzt. Sonst bekommst du Karies.«
Also stand sie noch einmal auf, schleppte sich ins Bad und begann, ihre Zähne zu putzen. Ein Zahn nach dem anderen wurde blitzeblank. Vor Freude jubelten sie leise und winkten der Zahnfee. Dann ging es zurück ins Bett.
Die Zahnfee löschte das Nachttischlicht und schloss ihre Augen. Um schneller ins Land der Träume zu kommen, begann sie in Gedanken Schäfchen zu zählen.
»Eins … zwei … drei …. vier …«
Weiter kam sie nicht denn plötzlich klopfte es laut an der Tür. Seufzend schaltete sie das Licht wieder ein und schlurfte zur Tür.
Draußen stand ein alter Bekannter. Es war der Zahnkobold.
»Huch? Was willst du denn hier?«, wunderte sie sich. Mit jedem anderen hätte sie gerechnet, aber nicht mit ihm.
»Bist du gekommen, um meine Zähne krank zu machen? Da muss ich dich aber enttäuschen. Meine Zähne sind blitzeblank geputzt. Da hat deine Karies keine Chance.«
Der Zahnkobold, der normalerweise m die Welt reiste, um Kinder mit Süßkram zu versorgen und Löcher in ihren Zähnen entstehen zu lassen, schüttelte den Kopf.
»Darum geht es mir nicht. Ich habe selbst ein Problem.«
Ungefragt öffnete er seinen Mund und zeigte seine Zähne. In einem von ihnen war ein großes, dunkles Loch zu sehen.
»Ich habe selbst zu viel Zuckerzeug gegessen und war beim Zähneputzen nicht gründlich genug. Jetzt habe ich selbst Karies bekommen und leide an schlimmen Koboldzahnschmerzen.«
Er seufzte laut und rieb sich die dicke Wange.
»Was soll ich denn jetzt machen? Ich muss Morgen in der Nacht wieder arbeiten.«
Die Zahnfee griff nach seiner Hand und zog ihn ins Haus.
»Dann komm erstmal rein. Ich schaue, wie ich dir helfen kann.«
Gemeinsam gingen sie ins Bad. Dort holte die Zahnfee eine neue Zahnbürste aus ihrem Schrank und brachte dem Zahnkobold bei, wie man richtig ordentlich die Zähne putzte. Stück für Stücke zeigte sie ihm, was wichtig war und worauf er achten sollte.
Zum Schluss entfernte sie aus seinem Zahn die Karies und verpasste ihm eine Füllung. Schon ging es ihm sehr viel besser.
»Wow!«, war der Zahnkobold begeistert. »Du bist einfach genial.«
Da bekam er ein schlechtes Gewissen. »Ich glaube, ich mache keine gute Arbeit, wenn ich den Kindern Süßkram spendiere. Die werden alle schlechte Zähne bekommen. Ich sollte mir einen sinnvolleren Job suchen. Vielleicht werde ich eines Tages dein Kollege.«
Dann drückte er die Zahnfee kurz an sich, wünschte ihr eine gute Nacht und verabschiedete sich.
(c) 2019, Marco Wittler
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