770. Versteckspiel

Versteckspiel

Der Herbst war gekommen. Und mit den kälteren Temperaturen färbten sich die Bäume bunt. Nach und nach ließen sie ihre Blätter fallen. Der Wind blies sie an Häuserecken zu großen Haufen, die Menschen machten dies mit ihren Rechen. Es sah aus, als wäre ein großes Gebirge aus Blättern entstanden.
Wie jedes Jahr zu dieser Zeit machten sich auch die Kinder der Umgebung auf die Suche nach Kastanien, um daraus kleine Männchen, Tiere und Figuren zu basteln. Mit etwas Kleber, ein paar Streichhölzern und Filz konnten dabei richtig kleine Kunstwerke entstehen.
Doch dieses Mal suchten die Kinder vergebens. Egal unter welchem Baum sie auch suchten, nirgendwo war auch nur eine einzige Kastanie zu finden. Sie waren alle verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt.
Schnell machte das Gerücht von einem Kastanien fressenden Monster die Runde.
Manche Kinder lachten darüber, anderen wurde es mulmig in der Magengegend. Aber alle hatten irgendwie Angst davor.
Von nun an traute sich niemand mehr auch nur in die Nähe eines Kastanienbaums. Einige Familien gingen nur noch gemeinsam auf die Straße und nahmen zur Sicherheit immer einen Hund mit – bis sich einer dieser Hunde von seiner Leine los riss und voller Freude mit einem Affentempo in einen der Laubberge stürzte und darin verschwand.
Es dauerte ein paar Sekunden bis er wieder zum Vorschein kam und mit ihm unzählige Kastanien, die sich in den letzten Tag unter den Blättern versteckt hatten. Sie wollten sich nicht zu Männchen verbasteln lassen.
Als das die Kinder hörten, wurden alle Laubberge durchsucht. Das große Basteln konnte beginnen.

(c) 2019, Marco Wittler

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