1604. Papa schwebt im Pasta Paradies

Papa schwebt im Pasta Paradies

»Mitaj hatte den Ausgleich auf dem Fuß. Das hätte der Lucky Punch für einen Punkt sein können. Donnarumma hechtet dazwischen, ist noch dran.«
Papa atmete erleichtert auf. Fast hätte die Squadra Azzurra, die italienische Fußballnationalmannschaft den Sieg verschenkt.
»Papa?« Mia stand in der Tür. »Hast du Lust mit mir etwas zu spielen?«
Papa schaute verzweifelt zwischen dem Fernseher und seiner Tochter hin und her. »Ich … ähm … Das Spiel dauert nicht mehr lange. Wenn es vorbei ist, höre ich mir nur noch die Interviews an und komme dann sofort zu dir. Ich freue mich schon, wenn wir etwas zusammen spielen. Ich habe schon eine spannende Idee.«
Mia lächelte, nickte und ging ins Kinderzimmer. Geduldig wartete sie auf dem Bett und überlegte, wie sie sich die Zeit bis zum Spielende vertreiben sollte.
»Prinz! Komm her!«
Der Kater, der bis gerade noch geschlafen hatte, öffnete die Augen, gähnte und trottete ins Kinderzimmer. »Was möchtest du machen?«, fragte er.
»Ich möchte etwas backen. Das macht mir immer besonders viel Spaß.«, antwortete Mia.
Prinz nickte. Er richtete sich auf seine Hinterpfoten auf und bewegte seinen Schwanz ein paar Mal im Kreis. Mitten im Raum entstanden plötzlich feine Funken, die sich zu einem leuchtenden Kreis verbanden, der rasch größer wurde.
»Nach dir.«
Mia trat durch den Kreis, Prinz folgte ihr. Sie fanden sich in einer großen, bunten, zauberhaften Backstube wieder. An den Wänden standen Regale, die mit vielen Zutaten aus aller Welt gefüllt waren.
»Hm, worauf haben wir denn Lust?« Mia schlug ein dickes Buch auf, blätterte durch die Seiten und stoppte schließlich. »Schokoladenmuffins sind eine prima Idee.«
Sie zog sich eine Schürze über. Beim Knoten musste Prinz ihr helfen. Sie holten Töpfe und die passenden Zutaten und begannen, den Teig zu anzumischen.
»Du meine Güte. Was ist das hier?«
Mia erschrak, denn Papa stand plötzlich in ihrer geheimen Backstube. Er hatte wohl das Ende des Fußballspiels gesehen, aber dann doch auf die Interviews danach verzichtet.
»Ähm … also … weißt du … Prinz und ich backen hier, wenn uns langweilig wird. Eigentlich darf hier sonst niemand rein.«
Papa sah sich neugierig um. Wie konnte so eine riesige Backstube überhaupt in dem kleinen Kinderzimmer Platz finden? Das grenzte an Zauberei.
»Und was backt ihr gerade?«
Mia hob ihren Topf hoch. »Leckere Muffins.«
Papa nickte. »Eigentlich ganz lecker, aber gibt es hier auch Pasta? Du weißt doch, wie gern ich die esse.«
Mia musste lachen. Pasta in einer Backstube? Nein, die gehörte in die Küche.
Prinz räusperte sich und bekam damit die Aufmerksamkeit der beiden Menschen. »Vielleicht …« Er machte eine kurze, aber bedeutsame Pause und bewegte dabei seine Pfoten wie ein mächtiger Zauberer. »… aber nur vielleicht findet sich ein wenig Pasta hinter der Türe dort.«
Mia und Papa fuhren herum. In der Wand hinter ihnen war tatsächlich eine Tür. Nur wenige Sekunden vorher war sie noch nicht dort gewesen.
Papa ging auf sie zu, legte seine Hand auf die Klinke und drückte sie langsam herunter. Er öffnete. Auf der anderen Seite erstreckte sich ein großer Garten bis zum Horizont.
»Das ist aber keine Küche.«
Prinz musste lachen. »Nein, aber dafür ist es ein einzigartiger Raum. Nur zu, trau dich hinaus und schau dich um. Du wirst nicht enttäuscht werden.«
Das ließ sich Papa natürlich nicht zweimal sagen. Er betrat den Garten und lief los. Das was er hier erlebte, war für ihn so unwirklich, dass er laut zu lachen und zu jubeln begann. Er fühlte sich wie in einem Traum. Und dann bleib er plötzlich unter einem großen Baum stehen.
»Ist es das, was ich denke?«
Prinz, der ihm gefolgt war, nickte. »Nur zu, probier sie aus.«
Papa trat näher. Er hatte tatsächlich eine Schaukel gefunden, von der er nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Der Sitz war ein großes Raviolo, das an feinen Spaghetti aufgehängt war. Er nahm Platz, begann zu schaukeln und fühlte sich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder wie ein kleines, unbeschwertes Kind.
Es ging hin. Es ging her. Papa schaukelte immer schneller, kam dabei immer höher, bis sein Blick auf etwas in seiner Nähe fiel. Auf einem kleinen Fluss, in dem scheinbar Tomatensoße floss, fuhr Mia auf einem Floß, das aus mehreren Cannelloni gebaut worden war. Ein leichter Wind blies in eine weiche Lasagneplatte und trieb so das ungewöhnliche Gefährt vor sich her. Kleine Farfalle flogen schmetterlingsgleich in Kreis um ihren Kopf herum.
»Das ist alles so unglaublich, so wundervoll. Ich liebe diesen Ort.« Papa war richtig begeistert. »Ich …«
Er wurde von Mamas Stimme, die wie aus dem Nichts auftauchte, aus seinen Gedanken gerissen.«
»Was macht ihr denn da?«
Papa und Mia fanden sich in der Küche wieder. Sie saßen am Esstisch und aßen Spaghetti von ihren Tellern. Prinz zwinkerte ihnen verschwörerisch zu.
»Ihr spielt doch wohl nicht mit dem Essen?«
Mia und Papa grinsten sich an, schüttelten aber beide mit dem Kopf. »Wir? Niemals. Das würde uns im Traum nicht einfallen.«

(c) 2024, Marco Wittler

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