406. Die Weihnachtsengel

Die Weihnachtsengel

Ganz weit oben im Himmel saßen zwei Engel und langweilten sich. Jeden Tag putzten sie ihre goldenen Heiligenscheine, spielten Musik auf der Harfe und hüpften von Wolke zu Wolke.
»Mir so langweilig.«, beschwerte sich der erste Engel.
»Jeden Tag sitzen wir hier oben und machen ständig die gleichen Sachen. Können wir denn nicht mal etwas Neues unternehmen?«
»Du hast ja so Recht.«, stimmte der zweite Engel zu.
»Ich möchte auch mal etwas Spannendes erleben, vielleicht ein Abenteuer oder einfach nur etwas sehen, dass ich noch nicht kenne. Aber wo? Hier im Himmel gibt es ja nur Wolken, Engel und Harfen.«
Den Beiden wollte einfach nichts einfallen, bis ihr Blick zur Erde hinab fiel.
»Oh, was ist denn da unten los?« fragte sich der erste Engel und besah das bunte Treiben der Menschen mit großem Interesse.
»Sie feiern Weihnachten.«, antwortete der zweite Engel.
»Das machen sie jedes Jahr. Familien und Freunde treffen sich, schmücken ihre Wohnstuben und beschenken sich gegenseitig. Es ist das schönste Fest, das sie kennen.«
»Das sollten wir mal genauer anschauen.«
Und so flogen die beiden zur Erde hinunter.

Als die beiden Engel in einer kleinen Stadt angekommen waren, versteckten sie ihre Flügel unter ihrem Hemden, um nicht aufzufallen. Sie gingen durch die Straßen und blickten immer wieder neugierig durch die Fenster in die Wohnstuben. Tatsächlich wurde überall Weihnachten gefeiert. Die Menschen saßen an reich gedeckten Tischen, aßen, lachten und sangen gemeinsam Lieder.
Doch dann entdeckten sie ein großes Gebäude mit vielen Fenstern, in dem es nicht so feierlich aussah. Hinter allen Fenstern saßen traurige Kinder.
Die Engel konnten das nicht verstehen. Weihnachten war doch das schönste Fest der Welt. Wie konnte man an so einem Tag nur traurig sein? Also klopften sie an, um sich nach dem Grund zu erkundigen.
Eine Frau öffnete ihnen die Tür und beantwortete alle Fragen.
»Dies ist ein Kinderheim. Bei uns leben Kinder, die keine Eltern mehr haben. Weil niemand an sie denkt und wir auch nicht viel Geld haben, bekommen sie leider keine Weihnachtsgeschenke. Deswegen ist das für sie der schlimmste Tag im Jahr.«
Das war unglaublich. Die Engel hörten es, wollten es aber nicht glauben. Keine Geschenke? Das durfte es einfach nicht geben. Sofort flogen sie zurück in den Himmel, setzten sich auf eine Wolken und dachten darüber nach, wie sie den Kindern doch noch ein schönes Fest bereiten konnten.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ihnen tatsächlich etwas einfiel.
»Genau. So machen wir es.«, beschlossen die Engel.
Sie nahmen sich einen großen Sack, stopften eine Wolke hinein und flogen damit wieder zur Erde hinab.
»Da vorne ist ein Weihnachtsmarkt. Die Menschen geben dort sehr viel Geld aus. Da werden sie bestimmt auch noch etwas für uns übrig haben.«
Sie landeten ungesehen hinter einem großen Baum. Dort verkleideten sie sich als Händler und stellten sich dann zwischen die unzähligen Verkäufer.
»Zuckerwatte! Frische Zuckerwatte.«, riefen die Engel.
»Nur unsere Zuckerwatte schmeckt himmlisch lecker.«
Die Menschen, die sich auf dem Weihnachtsmarkt aufhielten, blieben stehen und kauften die Zuckerwatte, die eigentlich eine Wolke war. Es dauerte nur ein paar Minuten bis der Sack der Engel leer war.
»Jetzt haben wir genug Geld, um den Kindern eine Freude zu bereiten.«
Sie flogen in die Stadt und kauften so viel Spielzeug von ihrem Geld, wie sie nur tragen konnten. Sie brachten alles zum Kinderheim, schlichen sich heimlich hinein und verteilten das Spielzeug in den Schlafzimmern der Kinder.
»Jetzt werden die Kinder auch ein schönes Weihnachtsfest erleben.«, sagten sich die zufriedenen Engel.
»Das werden wir von nun an jedes Jahr machen.«

(c) 2012, Marco Wittler

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