032. Der besorgte Vater

Der besorgte Vater

 Wenn ein Mensch stirbt hinterlässt er seiner Familie immer etwas von seinem Besitz. Es kommt nur darauf an, wie wohlhabend er war und es dadurch mal mehr und mal weniger ist.
Doch manchmal kommt es vor, dass die Angehörigen gerne schon vor dem Tod etwas haben wollen.
So auch in dieser Geschichte.
Ein Vater hatte zwei Söhne. Der jüngere der Beiden kam eines Tages zu ihm und wollte seinen Teil des Erbes bekommen. Da der Vater sehr nicht gerade arm war, wäre dies auch kein Problem gewesen. Allerdings hatte er ein schlechtes Gefühl dabei, denn sein Sohn lebte einfach in den Tag hinein und konnte nicht mit Geld umgehen. Da er aber seine Kinder sehr liebte, teilte er das Erbe in zwei Teile und gab es den Söhnen.
Schon ein paar Tage später packte der Jüngere sein Hab und Gut zusammen und ging auf eine weite Reise. Ihn hatte das Fernweh gepackt.
Der Vater war sehr traurig darüber, auch wenn er es im Voraus gewusst hatte. Sein Älterer Sohn machte ihm noch zusätzlich Vorwürfe, dass sein Bruder nun alles Geld verprassen würde. Aber festhalten konnten sie ihn nicht.
Der Ältere der Beiden wollte nun mit diesem Herumtreiber nichts mehr zu tun haben.
Doch der Vater liebte jeden von ihnen und machte sich Sorgen. In der Hoffnung, dass sein Sohn ein ordentliches Leben führen würde, lies er ihn nie aus den Augen, schaute immer hinter ihm her und wusste genau, was er gerade tat.
Doch leider war das alles andere als schön. Denn in der weiten Welt verliert sich Geld, auch wenn es ein kleines Vermögen ist, sehr schnell. Dort gibt es jede Menge dunkel Gestalten und Gesindel, das nur darauf wartet einen unerfahrenen jungen Mann in die Finger zu bekommen und erst wieder loszulassen, wenn er keinen Pfennig mehr in der Tasche hat.
Genau das sollte auch diesmal der Fall sein. Der Sohn verlor schon nach ein paar Wochen sein gesamtes Vermögen.
Nun blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als arbeiten zu gehen, wie andere Männer in seinem Alter auch. Da er aber nie etwas Gescheites gelernt hatte, musste er nehmen, was man ihm gab.
Von nun an hütete er die Schweine auf dem Felde. Doch den Tieren erging es viel besser als ihm, denn sie hatten volle Tröge und er musste hungern.
Da fiel ihm ein, dass die Arbeiter seines Vater genug zu essen hatten, während es ihm hier schlecht ging. Also machte er sich auf den Heimweg. Er hatte sich fest vorgenommen, sich bei seinem Vater zu entschuldigen, da er allen Unrecht getan hatte. Er fühlte sich nicht mehr wert genug, als Sohn heim zu kommen. Stattdessen wollte er, wie einer der niedersten Tagelöhner für seine Mahlzeiten arbeiten.
Der Vater hingegen wusste zu jeder Zeit, was sich in der Fremde tat. Es tat ihm im Herzen weg, dass sein Sohn so sehr leiden musste, konnte ihm aber nicht helfen. Aber trotzdem hatte er immer gehofft, dass er eines Tages nach Hause kommen würde.
Und nun war es endlich soweit. Das Herz in seiner Brust machte einen Hüpfer und der Vater freute sich sehr.
Als der Sohn dann schließlich die lange Strasse zum Hof entlang kam, rannte der Vater ihm entgegen. Er hielt es nicht mehr länger aus, seinen Sohn zu vermissen, er wollte ihn endlich wieder an sich drücken können.
Doch dieser lies seinen Blick zum Boden fallen und sagte, dass er es nicht wert wäre, als Sohn nach Hause zu kommen. Doch wollte der Vater das alles nicht hören. Er rief sofort seine Knechte und Diener herbei, die den Heimkehrer waschen und neu einkleiden sollten. Dann bereiteten sie alle gemeinsam ein großen Fest vor.
Endlich war das Hoffen und Beten vorbei. Der Sohn war wieder zurück und sie würden alle glücklich zusammen leben können. Denn ein verprasstes Erbe lies sich vielleicht ersetzen, zumindest aber ertragen, aber einen geliebten Menschen zu verlieren war unerträglich.

 (c) 2005, Marco Wittler

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