031. Papa bleibt zu Hause (Ninas Briefe 5)

Papa bleibt zu Hause

Hallo Steffi!

Du kannst dir gar nicht vorstellen, was bei uns Letztens los war. Das ganz große Chaos war ausgebrochen. Hier ging alles drunter und drüber. Aber ich fange lieber von Vorne an.
Weil bald Weihnachten ist, saß die ganze Familie vor zwei Wochen abends zusammen und jeder sagte, was er sich wünschte. Tommy wollte ein Kettcar haben, weil sein Bobby Car mittlerweile viel zu klein für ihn geworden war. Echte Jungs fahren halt richtige Tretautos, sagte er. Außerdem waren die Räder an seiner alten Kiste schon total verbogen. Damit konnte er keinen Meter mehr fahren.
Ich habe es, wie in jedem Jahr, mit einem Pony versucht. Aber auch dieses Mal habe ich leider gegen Papa verloren. Nachdem er letztes Jahr behauptet hatte, dass so ein großes Tier zu teuer im Futter sei, konnte ich nun darauf reagieren. Ich hatte nebenan bei Bauer Lohse nachgefragt, ob er für mich etwas Heu übrig hätte. Und stell dir vor, er hatte Ja gesagt. Da hat selbst Papa gestaunt. Doch dann sah er kurz aus dem Fenster und fragte mich, wo im Garten Platz für eine Weide und ein Stall wäre. Da wusste ich natürlich auch nicht mehr weiter, denn Tommy würde nicht auf Schaukel und Sandkasten verzichten und Mama auf keinen Fall auf ihren Kräuter- und Gemüsegarten. Na ja, und an Papas Werkstatt brauchte ich gar nicht erst zu denken. Aber verlass dich drauf, nächstes Jahr versuche ich es wieder. Irgendwann muss das doch einfach klappen. Dafür habe ich mir dann das neue Harry Potter Buch gewünscht.
Der Nächste war Papa. Es war nicht anders zu erwarten. Er wollte eine neue Maschine für die Werkstatt, einen elektrischen Fuchsschwanz. Das ist komisch, oder? Ich habe immer gedacht, dass Füchse, so wie Hunde auch, ganz automatisch damit wedeln können. Dazu kommt noch, dass wir gar keinen Fuchs haben. Also warum bekomme ich dann kein Pony, ohne einen Stall zu besitzen?
Die Letzte war Mama. Sie wünschte sich Arbeit. Als Tommy und ich auf den Berg Wäsche zeigten, der noch gebügelt werden musste, guckte sie uns ganz böse an. Dann erklärte sie uns aber, dass sie gerne wieder arbeiten gehen würde.
Jetzt schaute Papa sie komisch an und fragte, wie das denn gehen sollte, denn einer musste sich doch um den Haushalt und uns Kinder kümmern. Aber Mama sagte einfach, dass es schon klappen würde. Da waren wir alle natürlich völlig baff.
Zum Schluss haben wir dann alles auf unsere Wunschzettel geschrieben und an den Weihnachtsmann geschickt.
Und nun stell dir vor. Letzte Woche wurde schon einer davon erfüllt, denn Mama bekam eine Arbeit. Doch wer sollte sich dann um uns kümmern? Aber auch das war schon geregelt, denn sie hatte mit Papa besprochen, dass er dann zu Hause bleiben könnte. Und so geschah es dann auch.
Aber schon am Montag passierten die ersten komischen Dinge. Zum Mittagessen sollte es Spiegeleier geben. Aber weil Papa die Bratpfanne nicht finden konnte, benutzte er einfach unser Bügeleisen. Na ja, er lässt sich halt immer etwas einfallen. Dumm ist er ja nicht. Aber lustig war es schon irgendwie. Aber Mama sollten wir trotzdem nichts davon erzählen.
Am Dienstag, als ich aus der Schule nach Hause kam, musste ich durch den Keller ins Haus gehen, weil meine Schuhe ganz dreckig waren. Und da gab es das nächste Problem. Papa wollte Wäsche waschen. Aber er muss wohl etwas falsch gemacht haben, denn der Keller war von oben bis unten voll mit Schaum. Da konnte ich gar nichts mehr sehen. Aber dafür hat es Spaß gemacht, da durch zu laufen. Nur mussten wir dann auch helfen, alles wieder sauber zu machen. Ach ja, und Mama sollten wir nichts sagen.
Der Mittwoch war überhaupt nicht mehr schön. Papa hatte gebügelt. Und nun sind gelbe Eierflecken auf meiner Lieblingsbluse. Das war richtig eklig. Er hatte nämlich vergessen, das Bügeleisen sauber zu machen. Und wie du dir schon denken kannst, Mama durfte nichts erfahren.
Donnerstag schmeckte das Mittagessen irgendwie komisch. Wir hatten uns Fischstäbchen gewünscht. Aber die waren staubtrocken. Ich musste ganz viel trinken, um sie überhaupt runter schlucken zu können. Aber Papa hat nichts dazu gesagt. Doch dann fiel mir ein, dass er ja immer noch nicht wusste, wo die Bratpfanne war. Da haben Tommy und ich überall gesucht, womit er die Fischstäbchen gemacht hatte. Nach einer halben Stunde bemerkten wir den komischen Fischgeruch im Toaster. Ideen hat er ja, das muss man ihm lassen. Und natürlich schwiegen wir darüber. Mama muss ja nicht alles wissen, oder?
Am Freitag Nachmittag sollte endlich das Wochenende beginnen und Mamas erste Woche war vorbei. Das wollte Papa unbedingt feiern. Er steckte einen Kuchen in den Ofen und räumte das Wohnzimmer auf. Doch als Mama dann nach Hause kam, fand sie im Ofen nur noch ein schwarzes, verbranntes Stück Kohle vor. Der leckere Kuchen war hinüber. Als Papa das sah, war er völlig fertig und beichtete alle Sachen, die er angestellt hatte.
Das alles hatte dafür aber auch sein Gutes, denn gestern haben sich die Beiden ganz neu geeinigt. Papa geht ab morgen wieder arbeiten und Mama kümmert sich um alles hier zu Hause und kocht wieder für uns. Mittags tauschen sie dann. Mama geht Geld verdienen und Papa spült das Geschirr und putzt das Haus.
Damit sind dann auch Tommy und ich endlich zufrieden und bekommen wieder was Richtiges zu Essen. Es ist nur Schade, dass es keinen Schaum mehr im Keller geben wird.
Das war es dann auch wieder von mir. Bis bald. Ich freue mich schon sehr auf alles, was du mir zu berichten hast.
Deine Nina.

P.S.: Falls deine Mama auch wieder arbeiten gehen will, dann soll sie vorher ausprobieren, wie gut dein Vater den Haushalt schmeißen und wie gut er kochen kann.

(c) 2005, Marco Wittler

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