Der erste Raumflug
Langsam und majestätisch glitt das große Raumschiff am Panoramafenster vorbei und verdeckte mehr und mehr Sterne des ansonsten so schwarzen Hintergrunds. Es sollte der erste Flug sein, nachdem mehrere Jahre an diesem Prunkstück der Flotte gebaut worden war.
Commander Finn, der schon seit langem auf diesen Moment hin gefiebert hatte, konnte sich einfach nicht satt sehen. Die schlanken Antriebsgondeln, die riesige Scheibe, in der sich alle wichtigen Abteilungen und die Kommandobrücke befanden. Nur zu gern wäre er mit an Bord gegangen, um fremde Welten zu entdecken, neues Leben und neue Zivilisationen, um in Galaxien vorzustoßen, die kein Mensch zuvor gesehen hatte. Aber es sollte nur ein Traum bleiben. Stattdessen konnte er nur beim Stapellauf zuschauen. Aber das entschädigte ihn wenigstens ein klein wenig.
Finn stellte sich vor, wie der hitzköpfige Captain auf seinem Stuhl saß, die ersten Befehle zum Start gab und dessen spitzohriger Stellvertreter still schweigend neben ihm stand. Großartige Zeiten standen ihnen bevor.
Finn seufzte ein weiteres Mal. Eines Tages, das wusste er, würde er auch in einem Raumschiff sitzen, es vielleicht sogar befehligen und zu weit entfernten Planeten reisen. Er würde Freundschaften mit jedem Außerirdischen schließen, der ihm über den Weg lief.
Zum Abschiedsgruß hob Finn die Hand, spreizte Zeige- und Mittelfinger in die eine, Ring- und kleinen Finger in die andere Richtung. Er legte die Hand auf die Glasscheibe, die ihn vor der Kälte und dem Vakuum des Weltraums trennte. »Gute Reise, Jungs. Ich freue mich jetzt schon, von euren Abenteuern zu hören. Dann war das Raumschiff auch schon vorbei. Finns letzter Blick fiel auf das Nummernschild, dass er sich genau einprägte. NCC-1701. Sehr passend.
Er öffnete das Fenster und lehnte sich nach draußen und sah dem Raumschiffsmodell nach, dass Papa in seiner Hand hielt. »Und jetzt noch einmal in die andere Richtung. Bitte, bitte, bitte.«
Papa seufzte leise. Das würde dann wohl der fünfte Stapellauf der Enterprise werden.
(c) 2022, Marco Wittler
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