Angriff aus der Dunkelheit
Es war dunkel. Es war ruhig. Zu ruhig für den Geschmack des Kommandanten. Das hatte meist etwas zu bedeuten. Irgendwo dort draußen lauerte eine Gefahr. Noch suchte sie den Schutz der Schatten und bereitete sich unentdeckt auf den Angriff vor. Sie würde zuschlagen, wenn man es am wenigsten erwartete.
Der Kommandant blickte sich immer wieder um, bewegte sich unruhig auf und ab. »Es kann nicht mehr all zu lange dauern. Ich spüre es. Jederzeit kann es passieren.« Er wandte sich seinen Leuten zu. »Seid bereit. Eure volle Aufmerksamkeit muss dem Feind und meinen Befehlen gehören. Wenn wir nicht rechtzeitig eingreifen, wird es zu unnötigem Blutvergießen kommen. Unsere Aufgabe ist es, dies so effektiv wie möglich zu verhindern. Man zählt auf uns und bisher haben wir niemandem im Stich gelassen.«
Obwohl es in dieser Situation überhaupt nicht angebracht war, musste er leise kichern und war sich ziemlich sicher, dass es seinen Leuten ähnlich erging. Außenstehende konnten das freilich nicht verstehen, aber dieses kurze Wortspiel hätte treffender nicht sein können.
Plötzlich bebte es. Nicht nur ihr Unterschlupf, nein, ihre ganze Welt geriet in Bewegung und wurde heftig erschüttert.
»Es ist so weit. Wir bekommen gleich Besuch. Die unwissenden Wesen sind dabei, sich in größte Gefahr zu begeben. Macht euch bereit. Wir sind die Einzigen, die für ihre Unversehrtheit sorgen können.«
Das Dach öffnete sich und wurde zu beiden Seiten weggezogen. Zwei riesige Hände fuhren vom Himmel herab und kamen bedrohlich nahe. In der Dunkelheit, der Einsatztruppe gegenüber, blitzte es gefährlich auf. Da waren sie. Sie kamen aus ihrem Versteck.
»Jetzt!« Der Kommandant sprang. Ihm folgten seine furchtlosen Leute. Er stülpte sich über einen Daumen, die anderen neuen schützten alle anderen Finger. Nur einen Augenaufschlag später prasselten spitze Stecknadeln gegen sie. Der heimtückische Angriff war vereitelt worden. Heute würde kein Mensch mehr verletzt werden.
»Och nee.« Max verdrehte genervt die Augen. »Was soll das denn schon wieder?« Er zog die Hände aus dem Nähkasten zurück. Wieder mal hatte er zehn Fingerhüte auf den Fingerspitzen sitzen. »Warum passiert mir das jedes verdammte Mal? Ich glaube, die Dinger können mich nicht leiden.«
Er zog die Metallhüte ab und ließ sie achtlos in die Dunkelheit des Kastens zurückfallen.
»Du unwissender Mensch.« Der Kommandant zog sich in den Unterschlupf zurück und winkte seine Leute zu sich. »Er weiß gar nicht, vor welch großer Gefahr wir ihn jedes Mal beschützen.«
Er blickte sie alle an und nickte zufrieden. »Ihr habt heute einen guten Job gemacht. Aber wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Die Stecknadeln werden es wieder versuchen. Darauf müssen wir vorbereitet sein.«
(c) 2024, Marco Wittler
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