Captain Scott Schimpanse jagt den Geistern hinterher
Captain Scott Schimpanse, Kommandant des legendären Raumschiffs BANANENSCHALE, betrat seine Kabine. Die dicken Augenringe zeugten von einer langen, harten Arbeitsschicht auf der Brücke. Über mehrere Stunden hinweg hatte er Verhandlungen geführt, um einen interstellaren Krieg zu verhindern, was ihm buchstäblich in letzter Sekunde geglückt war. Er hatte lediglich seinen Platz im gemütlichen Kommandosessel verlassen und mit einem Shuttle auf die Oberfläche seines Heimatplaneten fliegen müssen. Vor Ort war er in seinen eigenen Vorgarten gestürmt und hatte seinen Kindern die Wasserpistole abgenommen, um die sich den ganzen Tag gestritten hatten. Nun war er müde, geschafft, einfach fix und fertig.
Scott Schimpanse zog sich die Uniform aus, ließ sie achtlos auf den Boden fallen und sich selbst ins federweiche Bett. Nur einen winzigen Augenblick später war er eingeschlafen und begann laut zu schnarchen.
Es wurde eine sehr unruhige Nacht. Der Captain wälzte sich von der einen zu anderen Seite. Mal schlief er auf dem Rücken, mal auf dem Bauch, was ihm bei seiner Leibesfülle zusätzliche Probleme bereitete.
Plötzlich schreckte er hoch. Nicht nur sein Gesicht, auch Laken und Kopfkissen waren nass. Er hatte das Gefühl, in seinem eigenen Schweiß zu ertrinken. Er blickte sich erschrocken um. War da jemand? Nein, das konnte unmöglich sein. In diese Kabine kam man nur mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung herein. Dazu waren ein Fingerabdruck und ein Scan der Iris im Auge notwendig. Nein, er war sich felsenfest sicher, dass sich niemand Zugang verschafft hatte. Nur … woher kam dann dieses ungute Gefühl?
Scott Schimpanse rieb sich den Schlaf aus den Augen und nahm seine Kabine ein weiteres Maul unter die Lupe. Alles war still und friedlich. »Ich muss wohl schlecht geträumt haben. Das Beste wird es sein, wenn ich wieder schlafe. Ich muss fit für die morgige Schicht sein, damit ich nicht auf der Brücke einschlafe.« Er legte sich zurück, merkte aber sofort, dass das ein Fehler war. »Boah, wie eklig. Ich brauche dringend ein trockenes Kissen.« Schon wollte er wieder aufstehen, als sein Blick zur Raumdecke ging.
»Verdammt, verdammt, verdammt!« Der Captain riss die Augen auf, erschrak ob seiner eigenen Reaktion und legte sich schnell die Hände auf den Mund. Er war viel zu laut gewesen. Trotzdem hoffte er, nicht gehört worden zu sein.
Über ihm kreisten mehrere Geister. Lautlos schwebten sie hin und her und schenkten Scott Schimpanse keinerlei Beachtung.
»Wo kommen die denn her und was wollen sie von mir?« Im leisesten Flüsterton versuchte er sich selbst zu beruhigen und die Lage zu analysieren. So gehörte sich das eben für einen erfahrenen Raumschiffskommandanten. »Wenn die Geister nicht gleich wieder verschwinden, mache ich mir noch in meine Pyjamahose.«
Er griff zur Decke, zog sie sich im Zeitlupentempo zum Kopf hinauf, um schließlich ganz darunter zu verschwinden. »Wenn ich sie nicht sehen kann, dann sie mich vielleicht auch nicht mehr.«
Der Captain versuchte langsam zu atmen, wurde dadurch aber nur noch unruhiger. Er spürte, wie sich sein Herzschlag immer mehr beschleunigte. Die Ungewissheit, nun nichts mehr sehen zu können, brachten ihn um den Verstand.
Er riss sich die nassgeschwitzte Decke vom Leib, starrte den Geistern direkt in die Augen. Eigentlich versuchte er es nur, denn Augen konnte er bei diesen Wesen keine finden.
»Was zur Hölle wollt ihr von mir?«, brüllte er ihnen entgegen. »Ich bin nur ein einfacher Schimpanse. Es gibt nichts, das für euch von Wert wäre.« Absichtlich verschwieg er, dass sich in der Hosentasche seiner Uniform die Schlüssel des Raumschiffs befanden, mit denen man die Einstiegsluken öffnen und den Überlichtantrieb starten konnte.
»Jetzt redet endlich! Was, bei allen Sternengöttern, an die ich eh nicht glaube, was wollt ihr von mir?«
Es gab noch immer keine Antwort.
»Jetzt reißt mir aber so langsam der Geduldsfaden.«
Scott Schimpanse öffnete die Schublade seines Nachtschränkchens. Dabei kam ihm der Gedanke, warum man diese Dinger überhaupt Nachtschränkchen nannte, obwohl sie auch tagsüber an Ort und Stelle verweilten. Er schüttelte den Kopf und fragte sich, warum er gerade in diesem Augenblick über so etwas Unwichtiges nachdenken musste und griff zum Handstrahler.
»Macht eure Münder auf oder mit was auch immer ihr reden könnt. Was wollt ihr?«
Nichts.
Schon wollte der Captain schießen, entschied sich dann aber dagegen. Zu groß war die Gefahr, die Außenhülle des Raumschiffs damit zu beschädigen. Er tauschte den Strahler gegen einen Besenstiel, der neben seinem Bett an der Wand befestigt war und fragte sich, warum sich dieser hier und nicht in einer Putzkammer befand. Er stand auf, stellte sich breitbeinig auf die Matratze und brüllte den Geistern entgegen. »Ihr kommt hier nicht vorbei!« So hatte er es mal in einem Film gesehen. Hatte damals funktioniert, sollte es auch hier. Aber die Wesen über ihm ließ das kalt.
»Ich muss wohl doch zum Strahler greifen.« Scott Schimpanse sprang vom Bett, doch statt auf dem Boden zu landen, schwebte er davon.
»Was?«
Nun klärte sich alles auf. Das Gravitationsmodul seiner Kabine, das die Schwerelosigkeit des Weltraums beseitigte, war ausgefallen. Über dem Captain schwebten gar keine gruseligen Geister, es waren lediglich ein paar Klamotten und Bettlaken, die noch vor ein paar Stunden achtlos am Boden gelegen hatten.
»Zum Glück hat das niemand mitbekommen. Es wäre so unglaublich peinlich, wenn jemand auf der Brücke davon erfährt.«
Zur gleichen Zeit saß auf der Brücke die junge Pilotin der BANANENSCHALE und kicherte leise vor sich hin, während sie den Captain auf einem Monitor beobachtete. Mit einem Klick auf ihrem Display schaltete sie die Schwerelosigkeit wieder aus. Scott Schimpanse stürzte mit den falschen Geistern zu Boden. Das laute AU war im ganzen Schiff zu hören.
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