333. Wo ist Papas Brille?

Wo ist Papas Brille?

»Ich verstehe das einfach nicht.«
Papa lief im Wohnzimmer hin und her. Er hob Kissen hoch, zog die Sofas vor und zurück. Selbst der Sessel blieb nicht an seinem Platz.
»Irgendwo muss sie doch geblieben sein. Seltsam.«
Er zog alle Schubladen auf und kramte darin herum. Er riss die Schränke auf und zog alles heraus, was er nur in die Finger bekommen konnte. So langsam wurde es immer unordentlicher. Auf dem Tisch stapelten sich die Sachen mittlerweile.
Seine Tochter Anna saß auf ihrem Stuhl, beobachtete ihn genau und hielt sich den Bauch vor lachen. Da drehte sich Papa zu ihr um und bekam einen ernsten Gesichtsausdruck.
»Statt mich auszulachen, solltest du mir lieber helfen. Meine Brille findet sich nicht von allein. Und du weißt doch, dass ich ohne Brille nicht gut gucken kann.«
Aber da musste Anna gleich noch lauter lachen. Es liefen ihr sogar die ersten Freudentränen an den Wangen herunter.
In diesem Moment kam Mama herein und wunderte sich.
»Was ist denn hier los?«, fragte sie verwirrt.
»Warum veranstaltet ihr denn so ein Chaos?«
Papa seufzte verzweifelt und zeigte mit den Fingern auf seine Augen.
»Ich kann meine Brille nicht finden, und ohne sie kann ich doch nicht richtig gucken. Anna will mir nicht einmal helfen. Sie lacht mich die ganze Zeit aus.«
Mama sah Papa an. Zuerst versuchte sie es mit einem ernsten, dann mit einem bedauernden Blick. Doch das hielt sie nicht sehr lange aus. Mit einem Mal schlich sich erst ein Lächeln, dann ein Grinsen in ihr Gesicht, bis sie schließlich lachen musste.
»Ach, du armer Mann. Ich habe richtig Mitleid mit dir. Und nur deswegen werde ich dir helfen.«
Sie blickte wieder ernst, sah sich im ganzen Wohnzimmer suchend um, bevor sie schließlich mit Hand die Brille von Papas Kopf herunter holte. Dann lachte sie wieder und hielt sich den Bauch.
Papa sah auf seine Brille und wurde rot im Gesicht.

(c) 2010, Marco Wittler

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